Läden für Rechtsextreme "Das sind Speerspitzen der Szene"

Ist es ein Problem, wenn sich Läden auf Produkte spezialisieren, die vor allem rechtsextreme Kunden gerne kaufen? Sehr wohl, findet der Verfassungsschutz in Thüringen. Experten warnen davor, dass Rechtsextreme über die Läden hoffähig werden könnten.

Sie nennen sich "Madley", "Youngland" oder "TopFuel Store". Hinter den modern klingenden Namen verbergen sich Läden, die für Anhänger der rechten Szene zu Anlaufpunkten geworden sind. Mit spezieller Kleidung, CDs und Büchern locken die Besitzer Kunden und etablieren die Geschäfte als Treffpunkte. In Thüringen gibt es zwar weniger als zehn solcher Läden, doch ihre Beständigkeit halten Verfassungsschützer für alarmierend. 2009 könnten sie auch als Geldgeber für den Landtagswahlkampf der Rechten eine Bedeutung haben, befürchten Rechtsextremismus-Experten.

Die Marke "Thor Steinar" etwa gilt als Aushängeschild der rechten Szene. Wer sich ihr zugehörig fühlt, trägt gern Klamotten der Marke aus dem brandenburgischen Königs Wusterhausen. Jeder rechtsextreme Szeneladen, der verdienen will, hat die Marke im Sortiment oder wenigstens einen Katalog unter dem Ladentisch. Aus Sicht des Landesamtes für Verfassungsschutz fließt zumindest ein Teil der Einnahmen wieder zurück in die Szene. Die rechtsextreme NPD hat nach Einschätzung von Experten jedoch eher wenig davon.

"Das sind Speerspitzen der Szene"

"Vor allem die Freien Kameradschaften profitieren", sagt Holger Kulick, Szene-Kenner der Redaktion von www.mut-gegen-rechte-gewalt.de, einer Internetseite, die vom stern mitgegründet worden ist. Er sieht in den Läden ernstzunehmende Treffpunkte von Rechtsextremen. "Das sind die Speerspitzen der Szene, dort können sich einzelne Personen hervortun."

Einem Bericht des Verfassungsschutzes zufolge gehören die Läden häufig polizeibekannten Neonazis, die durch Körperverletzungen oder als Besucher von Rechtsrock-Konzerten schon aufgefallen sind. Ihre Geschäfte führen sie vor allem in Städten wie Gera, Erfurt, Weimar, Jena oder Ilmenau. Dort lebe die Zielgruppe wie etwa Skinheads, und zudem sei eine gewisse Anonymität gegeben, geht aus dem Bericht hervor. Ein einheitliches Bild der Läden gebe es jedoch nicht.

Der Protest ist verebbt

Die Szeneläden verfügen meist nicht über ein Internetangebot, so dass sie kaum in Konkurrenz zu den florierenden Onlineshops stehen. 24-Stunden-Verkauf und die Anonymität des Internets können sie nicht leisten. Trotzdem finden sie weiterhin Zulauf. "Es ist kein materielles Geschäft, sondern ein politisches", sagt Stefan Heerdegen von der Mobilen Beratung in Thüringen (MOBIT). Die Läden erfüllten vor allem eine "Vorfeldfunktion". Der Protest gegen sie sei jedoch verebbt. Nur noch selten demonstrierten kleine Bürgergruppen vor den Schaufenstern. "Kleinere Städte leben unmittelbarer mit Rechtsextremismus. Die Leute stehen zu nah davor und sehen das Problem nicht", bedauert Heerdegen. Schenke die Gesellschaft den Läden aber keine Beachtung mehr, könnte es Rechtsextremen leicht fallen, ihre Aktivitäten auszuweiten und immer mehr Jugendliche mit Kleidung und Musik in die Szene zu locken.

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Madeleine Warsitz, DPA