Für die organisierten Vertreter der Montagsdemonstrationen ist die Sache gelaufen. Man könne nicht immer und ewig jeden Montag demonstrieren, sagte der Berliner PDS-Vorsitzende Stefan Liebich. Die Gewerkschaften und die Globalisierungskritiker Attac hatten bereits ähnliches verlauten lassen. Sollte dieser Montagabend keinen unerwarteten Aufschwung für den wöchentlichen Protest gegen die Arbeitsmarktreform Hartz IV bringen, dürfte sich die Bewegung, die noch Ende August 100.000 Menschen mobilisierte, verlaufen.
Am Ende protestierten nur einige zehntausend gegen die Reformen
Den erwünschten Schub für den Volksaufstand gegen die Regierung hatte auch die bundesweite Demonstration am vergangenen Einheitswochenende in Berlin nicht gebracht. Auf viele hunderttausend oder gar eine Million Demonstranten hofften die Protestler - am Ende waren es nur einige zehntausend, die am Samstag durch die Hauptstadt zogen. Besonders die nicht-organisierten Bürger, ursprünglich Rückgrat des Protestes, verharrten lieber zu Hause. Zog man am Samstag die großen Gruppen mit Fahnen von PDS, Verdi, IG Metall oder Attac ab, dürften kaum 10.000 Menschen übrig bleiben.
Ihre Meinung zählt
Gehen Ihnen die aktuellen Reformen weit genug oder gar zu weit? Worin liegen Deutschlands Chancen? Die große Online-Umfrage Perspektive-Deutschland 2004 will für die Entscheider aus Politik und Wirtschaft auch dieses Jahr wieder ein Stimmungsbild der Nation zeichnen. Nehmen Sie teil und füllen Sie den Fragebogen aus. Mehr Informationen zur Umfrage gibt es hier.
Die Proteste hatten Anfang August in Magdeburg begonnen. Zwischenzeitliche gingen Montagabend Unzufriedene in mehr als 100 Städten auf die Straße. Bereits Ende August begann der Zustrom zu bröckeln, die Märsche in den Innenstädten wurden im Lauf der Herbstwochen immer dünner. In Westdeutschland blieben die Demonstrationen weitgehend ein Randaspekt.
Die Macht der originalen Montagsdemonstrationen vor 15 Jahren in der DDR beruhte auf ihrem mitreißenden Effekt, der wie bei einer tatsächlichen Lawine zunehmenden Druck entwickelte. Ohne ausreichend Schnee verpufft die Wirkung der Lawine jedoch schnell. Ein führender Attac-Vertreter resümierte denn auch bereits vor einer Woche: "Der Westen hat nicht reagiert, der Funke ist nicht übergesprungen." Andere Formen des Protestes müssten gesucht werden.
Ganz aufgegeben haben hingegen die lokalen Organisatoren noch nicht. "Die Montagsdemos gehen weiter - alles andere ist Lüge", rief die 41-jährige Kerstin Weidner aus Senftenberg (Brandenburg) am Samstag lautstark und beschwörend in die Menge. Bezogen auf diesen Montag hatte sie Recht. Für den Abend war in vielen ostdeutschen Städten erneut die Fortsetzung der wöchentlichen Demonstrationen geplant. Von der Zahl der Teilnehmer dürfte abhängen, ob die Lawine endgültig im Flachen ausgelaufen ist.