Die Linkspartei ist in der Krise. Bei den Landtagswahlen warten schwierige Ergebnisse. Mit der drohenden Gründung einer Partei von Sahra Wagenknecht könnte auch die Bundestagsfraktion auseinanderbrechen und bei der nächsten Wahl scheitern.
Nun verlassen die ersten offenbar das sinkende Schiff. Nach Informationen des stern plant der Saarländer Linke-Bundestagsabgeordnete Thomas Lutze einen Wechsel in die SPD. Dies soll am Sonntagabend bekannt geben werden. Als erstes hatte die "Saarbrücker Zeitung" darüber berichtet.
Die Sache hat allerdings einen Haken: Die saarländische SPD will ihn nicht aufnehmen. "Thomas Lutze wird nicht in die Saar-SPD aufgenommen. Das ist die einhellige Haltung des Präsidiums der Saar-SPD", schrieb der Landesverband am Sonntagnachmittag auf dem Kurznachrichtendienst X, ehemals Twitter: "Wir importieren uns nicht die innerparteilichen Konflikte der Saar-Linkspartei."
Weigerung der SPD kommt für Lutze überraschend
Für Lutze dürfte diese Nachricht eine Überraschung gewesen sein. Denn nach Informationen des stern soll ihm zuvor von Vertretern der Saar-SPD in Aussicht gestellt worden sein, er könne bei der nächsten Landtagswahl für die SPD antreten.
Thomas Lutze sitzt seit 2009 für die Linke im Bundestag. Aufgewachsen in Leipzig zog der gelernte Montageschlosser nach der Wende ins Saarland und engagierte sich zunächst in der PDS. Ab 2015 wurde er Wahlkreismitarbeiter von Oskar Lafontaine, der gerade von der SPD in die WASG gewechselt war.
2009 zog Lutze über die Landesliste der inzwischen aus PDS und WASG fusionierten Linken in den Bundestag ein. Doch mit seinem Mentor Lafontaine überwarf er sich. Der schickte 2013 die frühere Tennislegende Claudia Kohde-Kilsch ins Rennen für die Bundestagswahl, um Lutze zu verhindern. Kohde-Kilsch scheiterte, Lutze schaffte es erneut über die Landesliste in den Bundestag. 2019 wurde er Vorsitzender des Landesverbands der Linken im Saarland.
Dieser war zum damaligen Zeitpunkt schon zutiefst zerstritten. Lutze wurde aus den eigenen Reihen vorgeworfen, interne Wahlen manipuliert zu haben. Die Vorwürfe ließen sich nie bestätigen, die Ermittlungen wurden eingestellt.
Austritt könnte das Ende von Lutzes politischer Karriere sein
2022 verpasste die Linke den Wiedereinzug in den Landtag. Lutze trat von seinem Amt als Landesvorsitzender zurück. Im Bundestag blieb er. Der geplante Austritt aus der Bundestagsfraktion könnte das Ende seiner politischen Karriere bedeuten – es sei denn, er findet doch noch einen Weg, in die SPD eintreten zu können.
Aber auch für die Linke-Bundestagsfraktion ist der Austritt bedrohlich. Momentan umfasst sie 39 Abgeordnete – mit Lutze. Ab 36 Abgeordneten hat sie keinen Fraktionsstatus mehr, Privilegien und Gelder gehen verloren. Diese Zahl könnte schnell erreicht sein, wenn Sahra Wagenknecht eine eigene Partei gründet und mehrere Abgeordnete mit ihr weiter ziehen. Oder wenn andere Abgeordnete der Linken es Lutze gleich tun wollen und in eine andere Partei zu wechseln versuchen.
Lutze selbst war am Sonntag für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.