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Nach Eklat um KZ-Vergleich Lerchenberg verlässt den Nockherberg

Mit seinem NS-Vergleich beim Starkbieranstich auf dem Münchner Nockherberg hat sich Kabarettist Michael Lerchenberg alias "Bruder Barnabas" mächtig Ärger eingehandelt. Nun legt er freiwillig die Mönchskutte ab - und kommt so einem Rauswurf zuvor.

NS-Vergleiche sind tabu - auch beim alljährlichen Münchner Starkbieranstich auf dem Nockherberg. Weil der Schauspieler Michael Lerchenberg in seiner satirischen Bußpredigt FDP-Chef Guido Westerwelle in die Nähe eines KZ-Organisators rückte, wird er nun selbst zur Buße in die Wüste geschickt. Der langjährige Stoiber-Darsteller kam am Freitag mit seinem Rückzug einem Rausschmiss durch die Paulaner-Brauerei zuvor, die das Spektakel alljährlich veranstaltet. Lerchenberg hatte in der Rolle des "Bruder Barnabas" bei seiner Fastenpredigt einen Eklat ausgelöst. Der Zentralrat der Juden beschwerte sich bitter, Westerwelle kündigte an, die Veranstaltung künftig zu boykottieren.

Westerwelle wolle alle Hartz-IV-Empfänger in den leeren, verblühten Landschaften zwischen Usedom und dem Riesengebirge versammeln, drumrum ein großer Zaun, hatte Lerchenberg am Mittwoch vor Millionen Fernsehzuschauern den FDP-Chef verhöhnt. "Das hatten wir schon mal in Deutschland." Über dem Eingangstor werde "in großen eisernen Lettern" stehen: "Leistung muss sich wieder lohnen" - eine klare Anspielung auf die NS-Parole über dem Tor des KZ Auschwitz: "Arbeit macht frei."

Verspotten erlaubt, diffamieren nicht

Der Münchner Nockherberg ist zwar nur ein bescheidener Hügel in Isarnähe, doch für Veranstalter und Zuschauer ein bayerischer Spaßgipfel von bundesweiter Bedeutung. Der Starkbieranstich ist die einzige Veranstaltung in Deutschland, bei der prominente Politiker in Scharen auflaufen, um sich verspotten zu lassen. Das Nockherberg-Ritual erfordert, böse Miene zum guten Spiel zu machen. In diesem Jahr saßen sechs Bundesminister im Publikum. Westerwelle fehlte, doch von der FDP gekommen waren Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Wirtschaftsminister Rainer Brüderle und Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel.

Dabei gab es jedoch ein fundamentales Missverständnis zwischen Schauspieler Lerchenberg und dem Publikum. Es gilt die unausgesprochene Regel, dass der Bußprediger die Politiker zwar verspotten, aber nicht diffamieren darf. Lerchenberg wollte aber den Politikern ernsthaft die Leviten lesen und schoss dabei nach Meinung seiner Kritiker über das Ziel hinaus.

Druck zu groß

Lerchenberg fühlt sich trotz Rückzugs offensichtlich im Recht: Aus der Bevölkerung seien "unzählige zustimmende Reaktionen" gekommen. Doch sei "der politische und öffentliche Druck auf uns und die Paulaner Brauerei so groß geworden, dass mir eine Rückkehr in die Nockherberg-Kanzel unmöglich erscheint." Westerwelle - der früher gern den Nockherberg besuchte - hat sich erneute Einladungen von der Brauerei verbeten. Ob er nach Lerchenbergs Rückzug im nächsten Jahr wieder kommt, ist unklar.

Carsten Hoefer, DPA DPA

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