Nazi-Vergleich Vorstand will Türkei-Forscher Sen entlassen

Das ging zu weit: In einer Zeitung hatte der Direktor des Zentrums für Türkeistudien die Lage der türkischstämmigen Bevölkerung in Europa mit der Verfolgung der Juden in der Nazi-Zeit verglichen. Das Echo war gewaltig, nun soll Sen gehen. Das letzte Wort ist aber noch nicht gesprochen.

Vergleiche mit der Nazi-Zeit sind für Prominente stets hoch riskant, das bekommt nun auch Faruk Sen zu spüren: Geht es nach dem Willen des Vorstands soll der Direktor des Essener Zentrums für Türkeistudien seinen Hut nehmen. Einen entsprechenden Antrag an das Kuratorium der übergeordneten Stiftung beschloss der Vorstand nach einer Sondersitzung in Essen.

Sen hatte vor kurzem in einem kommentierenden Beitrag für die türkische Zeitung "Referans" Parallelen zwischen der Situation der türkischstämmigen Bevölkerung im heutigen Europa und der Judenverfolgung in der Nazizeit gezogen.

"Die neuen Juden Europas

Der Direktor schrieb über die Lage der Auslandstürken: "Sie wurden die neuen Juden Europas." Obwohl sie seit 47 Jahren in Mittel- und Westeuropa beheimatet seien, würden sie "wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß und unterschiedlichen Erscheinungsformen - wie die Juden diskriminiert und ausgeschlossen".

Nach Ansicht des Vorstands hat Sen damit dem Ruf des Instituts und dem deutsch-türkischen Verhältnis schwer geschadet. Wie der Vorstand weiter mitteilte, hatte Sen an der Krisensitzung wegen einer kurzfristig mitgeteilten Erkrankung nicht teilgenommen.

"In der Undifferenziertheit unzulässig

Nach Bekanntwerden des Artikels in Deutschland hatte Sen seine Formulierung bedauert. Der Vergleich sei "in der Undifferenziertheit, wie er in meinem Artikel erscheint, unzulässig", räumte er ein. "Obwohl nach meiner Überzeugung Türkeistämmige in Europa von beträchtlicher gesellschaftlicher Ausgrenzung betroffen sind, verbietet sich der Vergleich mit der Verfolgung der Juden."

Sen hatte auch betont, er habe den Holocaust nicht verharmlosen wollen und bedauere, wenn sein Artikel diesen Eindruck erweckt habe. "Absicht des von mir verfassten Artikels war, ein Zeichen gegen Antisemitismus in der Türkei zu setzen", schrieb er.

Die endgültige Entscheidung über Sens Abberufung liegt beim Kuratorium unter der Leitung von NRW-Integrationsminister Armin Laschet (CDU).

DPA
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