Der Karikaturist Klaus Stuttmann ist wegen einer Zeichnung im Berliner "Tagesspiegel" Ziel von Morddrohungen geworden. Wie das Blatt berichtet, erregte eine Karikatur in der Freitagausgabe den Zorn zahlreicher Iraner und führte zu einem Protest der iranischen Botschaft.
Stuttmann hatte iranische Fußballspieler mit Sprengstoffgürteln verfremdet und daneben vier Soldaten gestellt. Eigenen Angaben zufolge wollte er damit Pläne zum Einsatz der Streitkräfte bei der Fußball-WM kritisieren. Die Chefredaktion erklärte, sie bedauere die Reaktionen, die sich nur "mit mangelnder Vertrautheit mit der innenpolitischen Debatte in Deutschland erklären" ließen.
Gleichzeitig hat die Chefredaktion die Veröffentlichung verteidigt. Die Darstellung bewege sich "innerhalb der Grenzen dessen, was in diesem Land von der Presse- und Meinungsfreiheit gedeckt ist", ließen die Chefredakteure Stephan-Andreas Casdorff und Lorenz Maroldt mitteilen. Eine Entschuldigung des "Tagesspiegels", wie von der iranischen Botschaft gefordert, blieb aber aus.
"Selbstverständlich wollten weder Herr Stuttmann noch der Tagesspiegel die Integrität der iranischen Fußballer in Frage stellen", schreibt das Blatt. Obwohl die Ausgabe bereits ab Donnerstagabend in der Stadt habe gekauft werden können, seien die Protest-E-Mails erst am Samstagabend eingegangen, dann aber in großer Zahl, so Redaktionsdirektor Gerd Appenzeller. Absender seien in der ganzen Welt auszumachen gewesen.
"Ganz eindeutig haben die meisten Schreiber keine Ahnung von dem innenpolitischen Hintergrund der Karikatur, oder sie haben die Zeichnung möglicherweise selbst auch gar nicht oder nicht komplett gesehen." Man habe als einen der Verursacher der Protestwelle ein iranisches Fußballfan-Forum vermutet und geantwortet, und das habe erkennbar zur Beruhigung beigetragen.
Stuttmann selbst ist den Morddrohungen inzwischen von zu Hause ausgezogen. "Die Mehrzahl der Mails war unflätig", sagte er. Viele Schreiber hätten sich aber auch beschwert, dass die iranische Nationalmannschaft nichts mit der Regierung zu tun habe. "Das war mir nicht so klar." Stuttmann sagte, die Zeichnungen in der dänischen Zeitung "Jyllands Posten" habe er für eine überflüssige Provokation gehalten. "Ich greife auch nie den christlichen Glauben an sich an, obwohl ich Atheist bin."