Nach Initiative im Bundesrat Organspende: Lauterbach fordert neuen Vorstoß für Widerspruchslösung

Porträtaufnahme von Karl Lauterbach vor einer Holzwand.
Karl Lauterbach: "Die betroffenen Familien, die auf eine Organspende schon lange warten, haben unseren Mut verdient, neu zu entscheiden."
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Für Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach ist die aktuelle Gesetzeslage zur Organspende "leider gescheitert". Im stern fordert er vom Bundestag einen neuen Anlauf für die Widerspruchslösung.

Nach dem Beschluss des Bundesrats zur Widerspruchslösung bei der Organspende fordert Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) den Bundestag zu einem neuen Vorstoß auf. "Es ist sehr gut, dass der Bundesrat die Widerspruchslösung unterstützt", sagte Lauterbach dem stern: "Die Organspendezahlen sind dauerhaft zu niedrig. Die aktuelle Gesetzgebung ist leider gescheitert."

Lauterbach machte deutlich: "Der Weg zu einer neuen Gesetzgebung geht nur über den Deutschen Bundestag. Ich hoffe, dass sich ein neuer Anlauf der Parlamentarier für eine fraktionsübergreifende Initiative findet." Dieser würde er sich als Abgeordneter anschließen. "Die Zeit ist reif dafür", sagte Lauterbach: "Die betroffenen Familien, die auf eine Organspende schon lange warten, haben unseren Mut verdient, neu zu entscheiden."

Vor knapp vier Jahren war die Widerspruchslösung bei der Abstimmung im Bundestag gescheitert. Sie sieht vor, dass jeder Mensch potenziell als Organspender gilt, wenn er zu Lebzeiten nicht widersprochen hat. Länder wie Spanien oder Österreich haben eine solche Regelung schon länger. In Deutschland gilt weiter die Regelung, dass Organspenden ausdrücklich zugestimmt werden muss, durch den Spender zu Lebzeiten oder im Todesfall durch die Angehörigen (erweiterte Zustimmungslösung).

Widerspruchsregel? Kritik von Patientenschützern

Der Bundesrat hatte am Freitagmittag einen Antrag von Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Hessen beschlossen, der die Bundesregierung auffordert, einen Gesetzentwurf zur Aufnahme der Widerspruchslösung ins Transplantationsgesetz vorzulegen. Zur Begründung hieß es in dem Antrag, die Zahl der Organspenden stagniere seit beinahe zehn Jahren auf niedrigem Niveau. Folge sei, dass viele Wartepatienten sterben würden, bevor sie ein rettendes Organ erhielten.

Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, lehnt den Vorstoß hingegen ab. "Anstatt in Grundrechte eingreifen zu wollen, müssen die Länder endlich Gas geben", sagte Eugen Brysch dem stern. So mangele es weiterhin an einer "ergebnisoffenen und umfassenden Aufklärung“ über die Organspende, wie sie vor vier Jahren beschlossen worden sei. Stattdessen würden Bund und Länder "wieder auf die Karte der mehrheitlich abgelehnten Widerspruchsregelung setzen", so Brysch: "An der Idee festzuhalten, dass Schweigen Zustimmung heißt, erweist den Kranken auf der Warteliste einen Bärendienst. Stattdessen sollten die Gesundheitsminister dafür sorgen, dass das Online-Organspenderegister tatsächlich ans Netz geht."