Parlamentarische Staatssekretäre Kostspielige Nachhilfe

"Dieser Job ist ein Unding", sagt Ludger Volmer über seinen Ex-Job als Parlamentarischer Staatssekretär. Beliebt ist er dennoch, dient er Politikern doch als Karrrieresprungbrett. Nun sorgt die Anzahl der "Unter-Minister" für Ärger.

Darf's noch ein bisschen mehr sein? Kanzlerin Angela Merkel und ihre 15 Minister, seit zwei Tagen im Amt, haben insgesamt 30 Parlamentarische Staatssekretäre ernannt. Zusätzlich zu den 24 beamteten Staatssekretären, die ohnehin die Arbeit der Ministerien unterstützen.

Angesichts der Sparwut der neuen Regierung - Streichung der Eigenheimzulage, Kappung von Zuschüssen für den Regionalverkehr - und den geplanten Steuererhöhungen, schimpft die "Bild"-Zeitung über die "XXL-Regierung, die mit 70 Regierungsmitgliedern geführt" werde.

Das Blatt rechnet vor, was die Steuerzahler pro Staatssekretär zusätzlich ausgeben: Gehalt 9850 Euro im Monat, Weihnachtsgeld 5910 Euro, Dienstaufwandentschädigung 2760 Euro im Jahr. Weil parlamentarische Staatssekretäre Abgeordnete des Bundestags sein müssen, erhalten sie zudem noch eine abgespeckte Abgeordneten-Diät in Höhe von 4054 Euro pro Monat. Macht rund 180.000 Euro im Jahr.

Erwartungsgemäß empört sich auch die Opposition über das neue Heer an "Unter-Ministern". FDP-Chef Guido Westerwelle etwa sagt, dass "eine Regierung, die den Bürgern abverlangt, den Gürtel enger zu schnallen, gleichzeitig aber den eigenen Apparat aufbläht, sich dreist und frech verhält. Sparsamkeit fängt an der Spitze an."

Grünen-Fraktionschef Fritz Kuhn flankiert ihn mit den Worten: "Mit Sparen hat das nichts zu tun. Das ist Postenjägerei." Ins gleiche Horn stößt Karl Heinz Däke, Präsident des Bundes der Steuerzahler: "Mit Blick auf die angekündigten Mehrbelastungen für die Bürger ist diese Postenvermehrung absolut nicht einzusehen. Wer von anderen Verzicht verlangt, sollte mit gutem Beispiel vorangehen."

Arbeit und Wirtschaft getrennt, zusammengelegt und wieder getrennt

Dass sich die Zahl der parlamentarischen Staatssekretäre von Legislaturperiode zu Legislaturperiode ändert, ist allerdings normal. Nicht zuletzt deshalb, weil nach jeder Wahl die Ministerien neu zugeschnitten werden. Unter der ersten rot-grünen Regierung etwa waren die Ressorts Wirtschaft und Arbeit getrennt, unter Wolfgang Clement dagegen zusammengefasst, nun sind sie wieder getrennt. Deshalb hat die große Koalition beschlossen, dass beide Ressort zusammen fünf parlamentarische Staatssekretäre bekommen statt bisher drei.

Rot-Grün leistete sich in sieben Jahren jeweils 26 parlamentarische Staatssekretäre, unter Helmut Kohl waren es 28. So gesehen ist die Zahl von jetzt 30 parlamentarischen Staatssekretären zumindest keine exorbitante Steigerung im Vergleich zu den vergangenen elf Jahren. Zumal die große Koalition ein Ministerium mehr hat als die Vorgängerregierung.

Der Politikwissenschaftler Wolfgang Müller von der Uni Mannheim glaubt, dass es sogar viel mehr sein könnten, jedenfalls im internationalen Vergleich. Denn Länder wie Frankreich oder England hätten mehr Ministerien als Deutschland. Die Aufregung kann er daher nicht ganz verstehen: "Ob nun vier Staatssekretäre mehr oder weniger - daran wird die Staatskasse auch nicht gesunden", sagt er zu stern.de. Allerdings räumt Müller ein, dass Sparen auf höchster Verwaltungsebene Vorbildcharakter habe.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Wozu gibt's die eigentlich?

Bleibt die Frage: Was macht man als parlamentarischer Staatssekretär eigentlich? Das Amt wurde 1967 eingeführt und war unter anderem als "Minister-Schule" gedacht. Die "Parlamentarischen" werden von den Parteien besetzt, oftmals nach Proporz der Landesverbände oder zum Ausgleich dafür, dass bestimmte Parteiflügel kein Ministeramt abbekommen haben.

Sie vertreten die Minister etwa auf Terminen, im Bundestag oder in der Fraktion und sammeln so Erfahrung, wie Ministerien und Verwaltung funktionieren. Letztlich ist der Posten des parlamentarischen Staatssekretärs ein Karrieresprungbrett. Allerdings nicht immer. Ludger Volmer, der in der Visa-Affäre unter Druck geraten war, Stichwort: "Volmer-Erlass", beklagte sich darüber, dass er keine Weisungsbefugnis gehabt und ihm auch kein Beamtenapparat zur Verfügung gestanden habe. Sein Resümee: "Der Job ist ein Unding."