Der Wissenschaftler Manfred Prenzel hat die Leistungsunterschiede der Schüler zwischen den 16 Bundesländern als nach wie vor zu groß bezeichnet. Er fordert eine systematische Leseförderung auch für ältere Schüler. Der Glaube, dass man Lesen nur in der Grundschule lerne, sei völlig falsch, sagte Prenzel bei der Vorstellung des neuen Pisa-Bundesländervergleichs am Dienstag in Berlin.
Die Pisa-Disziplin Lesen- und Textverständnis gilt als die wichtigste Basiskompetenz für das weitere Lernen. Prenzel sagte, insgesamt hätten sich aber die Leistungen der Schüler gegenüber dem ersten Pisa-Test vor sechs Jahren verbessert.
Beim jüngsten Pisa-Test hatte Sachsen triumphiert. Das Land erreichte in allen drei Disziplinen den ersten Platz und verwies den bisherigen Sieger Bayern auf den zweiten Rang. Der Bundesländervergleich zeigt, dass die ostdeutschen Länder stark nach vorn drängen.
Der Deutsche Lehrerverband hält das gute Abschneiden ostdeutscher Länder beim Pisa-Test für nicht überraschend. Die fünf neuen Länder hätten im Vergleich mit Westdeutschland kleinere Klassen zu bieten, sagte Verbandspräsident Josef Kraus am Dienstag im Südwestrundfunk (SWR). Auch gebe es im Osten weniger sogenannte Risikoschüler, da dort weniger Migranten lebten. Diese Gruppe mit auffallend schlechten schulischen Leistungen sei erfahrungsgemäß unter Migrantenkindern besonders häufig. Ostdeutschland habe bei diesem Pisa-Test zudem von einer jahrzehntelangen Tradition profitiert. Die Naturwissenschaft, auf die in dieser Studie der Schwerpunkt lag, werde in den neuen Ländern heute immer noch so stark gefördert wie zu Zeiten der DDR.
Auch der Deutsche Philologenverband hat die Ergebnisse des PISA-Bundesländervergleichs als insgesamt erfreulich und positiv bewertet. "Fast alle Bundesländer haben sich zum Teil sogar signifikant verbessert", erklärte der Vorsitzende Heinz-Peter Meidinger am Dienstag. Er nannte ähnliche Gründe wie der Vertreter des Deutschen Lehrerverbandes.
Die Stagnation und leichten Rückschritte einzelner Bundesländer in Teilbereichen führte Meidinger auch darauf zurück, dass gerade im Süden und Westen der Bundesrepublik der Lehrermangel und der Unterrichtsausfall im Testzeitraum "dramatische Ausmaße" angenommen hätten. Auch habe sich "manche hektisch durchgepeitschte Reform" nicht immer als leistungsfördernd ausgewirkt.
Sachsen und Bayern liegen in allen drei untersuchten Disziplinen - Naturwissenschaften, Mathematik sowie Lese- und Textverständnis - vorn. Das Schlusslicht bildet in allen drei Bereichen das Land Bremen. An der zusätzlichen deutschen Bundesländeruntersuchung zum internationalen Pisa-Test 2006 nahmen 57.000 Schüler an 1500 Schulen teil.