Beim Wort genommen
"Die Rente mit 67 wird zurückgenommen." (100-Punkte-Programm der Linkspartei)
Die Sicht der Linken
Das Problem ist einfach zu verstehen, aber offenbar schwer zu lösen: Immer weniger Arbeitnehmer müssen mit ihren Beiträgen immer mehr Rentner finanzieren. Die große Koalition will deshalb die Menschen zwei Jahre länger arbeiten und erst mit 67 in Rente gehen lassen. Dagegen spricht sich
Volker Schneider
, rentenpolitischer Sprecher der Linkspartei, im Gespräch mit stern.de aus: "Geht es nach der Großen Koalition, ist die 'Rente mit 67' das Wunder- und Allheilmittel gegen die Folgen der demografischen Entwicklung. Tatsächlich würde der Verzicht auf diese 'Reform' die Arbeitnehmer maximal einen Viertelprozentpunkt mehr an Beitrag kosten. Angesichts der erheblichen Risiken, bei sinkenden Renten auch noch mit bis zu 14,4 Prozent Abschlägen letztlich in der Altersarmut zu landen, lehnen auch Gewerkschaften die Rente mit 67 zu Recht ab. Aktuell müsste fast jeder Durchschnitts-Rentner mit den vollen Abschlägen in Rente gehen. 2007 lag das Renteneintrittsalter bei 63,1 Jahren. Nur 14 Prozent sind mit 64 Jahren noch beschäftigt. Bis zu drei Millionen Arbeitsplätze wären bis 2030 nötig, damit die heute Beschäftigten bis 67 Jahre arbeiten können. Nein zur Rente mit 67 ist daher die einzig logische Konsequenz."
Gustav A. Horn
Wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung in der Hans-Böckler-Stiftung
"Soweit so gut, aber was dann? Die Linkspartei muss dann auch sagen, ob sie entsprechend höhere Beiträge will oder wie die zusätzlichen Ausgaben finanziert werden sollen. Besser wäre es, die Rücknahme mit Anreizen für längeres Arbeiten in Gestalt erhöhter Rentenzahlungen zu verbinden. Das darf aber nicht äquivalent zu den höheren Einzahlungen erfolgen. Schließlich muss ein Einspareffekt erzielt werden."
Jochen Pimpertz
Institut der deutschen Wirtschaft, Köln
"Die Menschen in Deutschland werden immer älter und bleiben in der Regel auch immer länger fit und leistungsfähig. So begrüßenswert diese Entwicklung auch ist, in der umlagefinanzierten Rentenversicherung entsteht daraus ein Problem, wenn die zusätzlich gewonnenen Lebensjahre allein im Ruhestand verbracht werden. Wurde 1970 die gesetzliche Rente im Schnitt 11,1 Jahre bezogen, waren es 2007 durchschnittlich 17,4 Jahre. Wegen der niedrigen Geburtenraten der Vergangenheit verteilen sich die damit einhergehenden Finanzierungslasten auf immer weniger junge Beitragszahler. Damit die Beschäftigungs- und Einkommenschancen der jüngeren und nachwachsenden Generationen nicht durch weiter steigende Beitragslasten erstickt werden, ist es unumgänglich, dass diejenigen, die bei längerer Lebenserwartung auch weiterhin im Alter gut abgesichert sein wollen, selber auch länger in das Umlagesystem einzahlen."
Walter Hirrlinger
Präsident des Sozialverbandes VdK Deutschland
"Die Rente mit 67 darf erst eingeführt werden, wenn alle solange arbeiten dürfen, wie sie können und wollen. Solange das nicht der Fall ist, kann das Gesetz nicht in Kraft treten. Ältere Menschen wollen arbeiten, dürfen aber nicht. Es ist unsinnig, dass man auf die Erfahrung Älterer verzichtet. Es gibt Betriebe, die auf das Wissen älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer großen Wert legen und damit beste Erfahrung gemacht haben. Nur sind es noch zu wenig. Dass muss sich ändern."
Geringe Realisierungschancen
So erfreulich es ist, dass wir in Deutschland immer länger leben, so klar ist auch, dass unser Rentensystem dieser Entwicklung angepasst werden muss. Die Rente mit 67 ist ein Schritt in diese Richtung.
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