Reformprojekte Tag der Entscheidung

Mammutsitzung im Bundestag: Heute stehen insgesamt acht Gesetze über Steuer- und Arbeitsmarktreform zur Schlussabstimmung an. Überraschungen werden nicht erwartet.

Die heute im Bundestag zur Abstimmung stehenden Arbeitsmarkt-Gesetze bringen nach Auffassung von Industrie-Präsident Michael Rogowski keine spürbare Entlastung. Die Hartz- Gesetze der Bundesregierung gingen nicht weit genug, sagte der Chef des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) der Ulmer "Südwest Presse". Das neue Arbeitslosengeld bleibe auf einem zu hohen Niveau. Zusätzliche Arbeitsplätze würden nur über einen "attraktiven Niedriglohnsektor" entstehen.

Die rot-grüne Koalition will heute im Bundestag zentrale Reformvorhaben durchsetzen. Im Mittelpunkt stehen die so genannten Hartz-Reformen für den Arbeitsmarkt. Daneben stehen auf der Tagesordnung eine Reihe von Steuergesetzen, das Vorziehen der Steuerreform, die umstrittene Kürzung der Pendlerpauschale, der Wegfall der Eigenheimzulage sowie die Gewerbesteuerreform. Auch über das Gesetz zur Erhöhung der Tabaksteuer soll abgestimmt werden; mit den Mehreinnahmen will Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) versicherungsfremde Leistungen der Krankenkassen finanzieren.

Keine Kompromisse

Die Union hat bereits Widerstand gegen wichtige Teile der Gesetze angekündigt und harte Verhandlungen im Vermittlungsausschuss in Aussicht gestellt. Fraktionsvize Friedrich Merz (CDU) bekräftigte am Donnerstagabend im ZDF, die Arbeitsmarkt-Gesetze würden in der vorliegenden Form nicht in Kraft treten. SPD-Fraktionschef Franz Müntefering sagte mit Blick auf ein mögliches Vermittlungsverfahren aber auch: "Wir werden keinen Kompromiss machen bedingungslos."

Merz drohte, auch eine auf 2004 vorgezogene Steuerreform werde es nicht geben, wenn die Bundesregierung keine anderen als die bisherigen Vorschläge zur Finanzierung vorlege. SPD-Generalsekretär Olaf Scholz dagegen zeigte sich im ZDF optimistisch, die Steuerreform im Bundesrat hinzubekommen.

Schröder verknüpft sein politisches Schicksal mit Reformagenda

Bundeskanzler Gerhard Schröder hatte sein politisches Schicksal mit der Durchsetzung der rot-grünen Reformagenda verknüpft. Nach Zugeständnissen der Koalitionsspitzen an interne Reformkritiker steht einer rot-grünen Mehrheit aber nichts mehr im Wege.

Nur der ostdeutsche Grünen-Abgeordnete Werner Schulz hat in der Berliner "Tageszeitung" angekündigt, dass er sich der Stimme enthalten will. Seine Fraktionskollegin, Bundestagsvizepräsidentin Antje Vollmer, warb im Berliner "Tagesspiegel" dafür um Verständnis. Die Mehrheit sei gesichert. "Deshalb ist absolute Geschlossenheit weder notwendig, noch wäre sie unter Demokratiegesichtspunkten eine Auszeichnung für Rot-Grün."