"Es gibt Grund zur Sorge, aber keinen Grund zur Hysterie." Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) gab sich am Mittwoch in Berlin alle Mühe, mit seiner Mahnung zur Wachsamkeit angesichts eines womöglich kurz bevorstehenden Terroranschlags hierzulande keine Panik zu schüren. Allerdings ließ der Minister keinen Zweifel daran, dass sich in den vergangenen Tagen die Terrorgefahr deutlich verschärft habe. "Es gibt konkrete Ermittlungsansätze und konkrete Spuren", sagte de Maizière, ohne Einzelheiten zu nennen: Im Interesse der Ermittlungen sei es "nicht klug", die Erkenntnisse der Sicherheitsbehörden öffentlich zu machen.
Nur soviel gab de Maizière preis: Nach dem Hinweis eines "ausländischen Partners" Deutschlands solle "Ende November ein mutmaßliches Anschlagsvorhaben umgesetzt werden". Dabei hatte es bereits am Wochenende Berichte über eine deutliche gestiegene Terrorgefahr in Deutschland gegeben. So warnten US-Sicherheitsbehörden laut "Focus" die Bundesregierung Anfang vergangener Woche vor einem vierköpfigen Terrorkommando: Zwei Inder und zwei Pakistaner, die in zentralasiatischen Terrorlagern ausgebildet worden seien, seien im Auftrag des Terrornetzwerks El Kaida auf dem Weg nach Deutschland. Und noch im November sei ein Anschlag in der Bundesrepublik geplant.
Auch der Berliner "Tagesspiegel" berichtete am Mittwoch vorab, den deutschen Sicherheitsbehörden lägen Hinweise aus den USA über zwei bis vier El-Kaida-Terroristen vor. Sie seien unterwegs, um in Deutschland und Großbritannien Anschläge zu verüben. Die US-Partner hätten vor einer knappen Woche als Datum für die mögliche Ankunft der Terroristen in Deutschland den 22. November genannt. Zu befürchten sei, dass die Terroristen Weihnachtsmärkte oder ähnliche Ziele angreifen, an denen sich viele Menschen aufhalten. Sicherheitsexperten sprechen in diesem Zusammenhang von "weichen Zielen".
Als Drahtzieher der geplanten Anschläge wird laut "Tagesspiegel" der aus Pakistan stammende Mohammed Ilyas Kashmiri genannt. Kashmiri solle auch Anfang Februar den Anschlag auf ein belebtes Touristen-Café im westindischen Pune mit zahlreichen Toten und Verletzten in Szene gesetzt haben. Die zwei bis vier Terroristen rekrutierte Kashmiri demnach offenbar im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet. Einreisen würden die Männer vermutlich über Indien und die Vereinigten Arabischen Emirate, berichtete das Blatt: Das Bundeskriminalamt (BKA) prüfe schon seit Tagen sämtliche Visa-Anträge, die in deutschen Botschaften in Pakistan, Indien und den Emiraten eingereicht wurden.
De Maizière äußerte sich indes nur sehr allgemein zu den Informationen über Anschlagsplanungen, wegen denen die Polizei ab sofort deutlich mehr Präsenz auf Flughäfen, Bahnhöfen und öffentlichen Plätzen zeigen wird. "Diese Lage ist durchaus vergleichbar mit der Gefährdungsbewertung und den Maßnahmen, die im Zusammenhang mit der Bundestagswahl 2009 eingeleitet wurden", sagte der Innenminister lediglich. Vor der Wahl im September vergangenen Jahres waren im Internet eine Reihe von Drohvideos aufgetaucht - die Sicherheitsbehörden sprachen daraufhin von einer "erhöhten Gefährdungslage", und auch damals waren Polizisten auf Flughäfen und ausgewählten Bahnhöfen mit schweren Schutzwesten und Maschinenpistolen im Einsatz.
Erneut werde es in Deutschland nun eine "sichtbare Polizeipräsenz" geben, kündigte de Maizière an. "Die Maßnahmen dienen der Vorbeugung und der Abschreckung. Wir zeigen Stärke, lassen uns aber nicht einschüchtern." An die Bürger appellierte der Innenminister, "wachsam zu sein". Hinweise aus der Bevölkerung zu verdächtigen Beobachtungen könnten hilfreich sein, die Hauptarbeit liege aber bei Polizei und Sicherheitsbehörden. Und gleich mehrfach warnte der Minister vor Panik: "Wir lassen uns durch den internationalen Terrorismus weder in unseren Lebensgewohnheiten noch in unserer freiheitlichen Lebenskultur einschränken. Das sollten wir alle beherzigen."