Plötzlich musste auch der bislang grimmig dreinblickende Kanzler lachen. "Es gibt Spätzünder und Frühzünder", verteidigte der künftige SPD-Chef Franz Müntefering seine Wahl für das Amt des Generalsekretärs. Klaus Uwe Benneter ist immerhin schon 56 Jahre alt und passt nicht so recht zur sozialdemokratischen Strategie, die Parteispitze zu verjüngen. Er selbst sei auch erst bekannt, seit er 51 Jahre alt sei, sagte Müntefering. "Ich habe richtig ausreifen können."
Müntefering übernimmt das Zepter
Die 50, 55 und 60-Jährigen könnten auch noch was leisten, betonte der SPD-Fraktionschef. Bundeskanzler Gerhard Schröder, der am 7. April 60 Jahre alt wird, nickte vehement. Bis zu seinem Geburtstag soll die SPD wieder Tritt gefasst haben. Nach dem Sonderparteitag am 21. März wird allerdings Müntefering und nicht mehr Schröder bei den Sozialdemokraten das Sagen haben.
Vom "Kapitalistenschreck" zum Hoffnungsträger
Beim Trittfassen soll der frühere "Kapitalistenschreck" Benneter helfen, den Schröder seit mehr als einem Vierteljahrhundert aus Juso-Zeiten kennt. Der Kanzler betonte aber am Samstag, dass nicht er den Berliner Rechtsanwalt als Nachfolger des glücklosen Olaf Scholz ausgewählt hat. Es sei ganz allein Münteferings Entscheidung gewesen. "Er hat eine gute Wahl getroffen", meinte Schröder.
"Klaus Uwe Benneter. Der kann das." So wirbt der SPD-Politiker auf seiner Homepage im Internet für sich. Müntefering sagte, er habe den Berliner erst im Bundestag näher kennengelernt, wo er sich in der Fraktion bewährt habe. Und der 56-Jährige habe sehr große Erfahrung in der Partei.
Geschlossenes Führungsgremium
Einige SPD-Vorständler zeigten sich von Münteferings Entscheidung überrascht, hielten sich aber mit Kommentaren zurück. Schröder erklärte, der Vorstand habe Benneter einstimmig für das Amt des Generalsekretärs nominiert. Auch hinter Müntefering als neuen SPD-Chef stellte sich das Führungsgremium geschlossen. Der Kanzler sprach von einem "Neuanfang", so wie er und Müntefering ihn wollten. Geschlossenheit und Disziplin - das soll die SPD der Zukunft auszeichnen.

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Der nordrhein-westfälische SPD-Vorsitzende Peer Steinbrück gab dem SPD-Vorstand einen deftigen Rat: "Das Beste ist, wenn alle Mitglieder nicht so viel sabbeln würden wie bisher." Seine Kollegin aus Baden-Württemberg, Ute Vogt, erklärte, die gesamte SPD müsse jetzt die Chance des Neuanfangs nutzen. "Zwei allein packen es nicht, alle müssen mithelfen."
Dass sie selbst als mögliche Generalsekretärin gehandelt worden war, kommentierte Vogt mit den Worten, dass sie "genügend schöne Aufgaben zu erfüllen habe" - als stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende, Landeschefin und parlamentarische Staatssekretärin im Bundesinnenministerium. "Es macht auch keinen Sinn, einzelne Personen von einem Posten zum anderen zu schieben."
"Es gab keinerlei Kritik"
Der thüringische Landesvorsitzende Christoph Matschie sagte zur Nominierung Benneters: "Der Vorschlag ist im Vorstand nicht in Zweifel gezogen worden." Der bayerische SPD-Fraktionschef Franz Maget erklärte, auch habe niemand in der Führungsrunde Schröders Entscheidung, den Parteivorsitz niederzulegen, in Frage gestellt. "Es gab keinerlei Kritik."
"Es hätte auch mit Gerhard Schröder weitergehen können"
Joachim Poß, SPD-Fraktionsvize im Bundestag, sagte: "Es hätte auch mit Gerhard Schröder weitergehen können." Aber die Arbeitsteilung zwischen Schröder und Müntefering könne der SPD helfen. "Wir haben Defizite in der Wahrnehmung unserer sozialen Kompetenz", meinte Poß. "Daran müssen wir arbeiten - gemeinschaftlich!"
Juso-Chef Niels Annen erklärte, er hoffe, dass mit einem Parteichef Müntefering das Profil der SPD in der Öffentlichkeit wieder deutlicher werde. Bedrohlicher als nur 24 Prozent Zustimmung für die Partei in Umfragen sei doch, dass die Menschen auf die Frage, wer soziale Gerechtigkeit garantiere, nicht mehr SPD sagten. "Der sozialdemokratische Markenkern droht zu eruieren."