Die SPD beendet in Bochum ihren dreitägigen Bundesparteitag. Die rund 520 Delegierten werden noch über den zentralen Reform-Leitantrag entscheiden, über den am Vorabend bereits weitgehend Einvernehmen erzielt worden war. SPD-Chef Schröder geht unterdessen auf die Suche nach Querulanten aus den eigenen Reihen.
Am Dienstagabend war die Abstimmung über das Papier "Unser Weg in die Zukunft" zu Reformperspektiven nach der "Agenda 2010" aus Zeitgründen verschoben worden. In dem Papier plädiert die SPD unter anderem für eine stärkere Besteuerung großer Erbschaften. Auf dem Kongress zeichnete sich dafür breite Zustimmung ab - ebenso für die Pläne zur Öffnung zu einer Bürgerversicherung. Beschlossen wurden nach kontroversen Debatten bereits ein Initiativantrag zum Erhalt des Flächentarifvertrags und die Einführung einer Ausbildungsplatzabgabe.
Höhere Erbschaftssteuer
Über höhere Erbschaftssteuern will die SPD künftig große Vermögen an den Kosten für Bildung und andere Zukunftsaufgaben stärker beteiligen. Auf die Wiedereinführung der Vermögensteuer soll aber verzichtet werden.
Tarifautonomie soll unangetastet bleiben
Widersetzen will sich die SPD nach einem Beschluss in Bochum allen Versuchen von Union und FDP, den Flächentarifvertrag aufzuweichen. Eine von vielen Delegierten geforderte Festlegung der SPD bei den anstehenden Verhandlungen im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat wurde erst nach persönlicher Intervention Schröders abgewehrt. Er könne sich schon mit Blick auf den grünen Koalitionspartner nicht auf eine solche Linie einlassen, sagte der Kanzler. "Glasklar" sei aber auch für ihn, dass es bei der Tarifautonomie bleiben müsse.
Der Kanzler in Rage
Überlagert wurden die Programmberatungen noch von der Abstrafung mehrerer Spitzenpolitiker bei den Wahlen vom Vorabend. Die Führung reagierte verärgert und verständnislos. Schröder sprach von "kollektiver Unvernunft", wie Delegierte mit Generalsekretär Olaf Scholz und Wirtschaftsminister Wolfgang Clement umgegangen seien. Der SPD-Chef sprach Scholz trotz des schwachen Abschneidens demonstrativ sein Vertrauen aus.

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Nach Informationen der "Bild"-Zeitung machte Schröder intern den niedersächsischen SPD-Landesvorsitzenden Wolfgang Jüttner für die schwachen Wahlergebnisse verantwortlich. Der Kanzler habe Jüttner am Rande des Parteitags in lautem Ton vorgeworfen: "Was Ihr da abgeliefert habt, war eine Sauerei!" Damit habe Schröder auf Vermutungen in der Parteispitze reagiert, dass gerade auch die niedersächsischen Parteitagsdelegierten das schwache Ergebnis von Scholz herbeigeführt hätten, berichtet das Blatt unter Berufung auf Parteikreise.