Spendenskandal Unicef verliert Tausende Dauerspender

Der Unicef-Spendenskandal zieht immer weitere Kreise: Das Kinderhilfswerk hat nun bestätigt, das Unternehmen habe 5000 seiner 200.000 Dauerspender verloren. Sogar Mitarbeiter sind enttäuscht und kehren Unicef den Rücken. Inzwischen hat sich auch Bundeskanzlerin Merkel eingeschaltet.

Als Konsequenz aus den Vorwürfen gegen Unicef haben sich zahlreiche Spender von dem Kinderhilfswerk abgewandt. Seit Beginn der Krise Anfang Dezember habe die Organisation rund 5.000 seiner insgesamt 200.000 Dauerspender verloren, sagte Unicef-Sprecherin Helga Kuhn. Sie bestätigte damit einen Bericht der "Rheinischen Post". Auch in den 120 Arbeitsgruppen des Kinderhilfswerks rumort es: Die Arbeitsgruppe Niederrhein hat sich aufgelöst. 15 der 20 Mitarbeiter seien aus tiefer Enttäuschung zurückgetreten, sagte der Leiter der Gruppe, Herbert Schröders. Die übrigen wechselten zu örtlichen Nachbargruppen. Laut "Rheinischer Post" handelt es sich um die erste Auflösung einer Arbeitsgruppe seit Bekanntwerden der Spendenvorwürfe.

"Für mich ist das Kapitel Unicef geschlossen", sagte Schröders. "Ich bin entsetzt über den leichtfertigen Umgang mit Spendengeldern und die mangelnde Transparenz", betonte der 67-Jährige. Er forderte den sofortigen Rücktritt des umstrittenen Geschäftsführers Dietrich Garlichs. Unicef-Sprecherin Kuhn erklärte, die Zeiten für das Kinderhilfswerk seien gerade sehr schwierig. "Aber ich hoffe und bin zuversichtlich, dass wir da bald rauskommen werden", sagte sie. Am Wochenende war Heide Simonis als Unicef-Vorsitzende zurückgetreten.

Merkel meldet sich zu Wort

Bundeskanzlerin Angela Merkel dringt nun auf eine schnelle Aufklärung der Vorwürfe gegen Unicef Deutschland. "Wenn es Diskussionen gibt, dann sind alle Beteiligten aufgerufen, diese Vorwürfe aufzuklären, damit der Ruf von Unicef in Deutschland keinen Schaden nimmt", sagte Merkels Sprecher Thomas Steg.

Merkel habe die Diskussion in der deutschen Sektion sehr genau verfolgt und wisse, wie sensibel solche Debatten seien. Unicef genieße als Hilfsorganisation der Vereinten Nationen einen besonderen Ruf. Für die Hilfe, die die Organisation leiste, sei es "wichtig, dass dieser Ruf untadelig ist und unbeschädigt ist", sagte Steg. Auch das Auswärtige Amt betonte als zuständiges Ressort für Unicef sein Interesse an schneller Aufklärung.

"Besorgt wegen des Image-Schadens"

Die Sprecherin des Genfer Unicef-Hauptquartiers Véronique Taveau zeigte sich gegenüber der "Financial Times Deutschland" beunruhigt: "Wir sind besorgt wegen des Image-Schadens für Unicef", sagte Taveau. Sie hoffe auf eine schnelle Lösung, damit wieder ungestört gearbeitet werden könne. Der amtierende Vorsitzende des deutschen Unicef-Komitees, Reinhard Schlagintweit, kündigte als Konsequenz aus den Vorwürfen Änderungen in der Geschäftsstelle und bei der Arbeit des Vorstandes an.

Wie die "Bild"-Zeitung berichtet, greift außerdem das Unicef-Komitee - das Kontrollorgan des Hilfswerks - den Vorstand massiv an. In einem zweiseitigen Beschwerdebrief des Komittes, unterschrieben von Münchens Oberbürgermeister-Gattin Edith von Welser-Ude, beklagten die Kontrolleure mangelnde Transparenz und forderten eine Sondersitzung sowie Änderungen der Satzung. "Wenn der Vorstand glauben sollte, an seiner Wagenburgmentalität und Beschwichtigungsstrategie festhalten zu können, würde er dem Anliegen von Unicef einen nicht wieder gut zu machenden Schaden zufügen", zitiert die Zeitung aus dem Brief.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

Das Wichtigste aus der Bundespolitik auf einen Blick

Abonnieren Sie unseren kostenlosen Hauptstadt-Newsletter – und lesen Sie die wichtigsten Infos der Woche, von unseren Berliner Politik-Expertinnen und -Experten für Sie ausgewählt!

Unicef-Vorstandsmitglied Rolf Seelmann-Eggebert habe Konsequenzen gefordert: "Wir müssen uns Gedanken über eine Satzungsänderung machen. So ist eine Abwahl des Vorstandes laut Satzung bisher nicht möglich." Sein Fazit: "Wir waren bisher ein Schönwetter-Verein. Jetzt sind wir in den Sturm gekommen."

Reformdruck aus der Politik

Aus der Politik wird der Ruf nach Reformen bei dem Kinderhilfswerk laut. Entsprechend äußerten sich im Berliner "Tagesspiegel" Bundestagsabgeordnete, die das Parlament in das Unicef-Komitee entsandt hat. Die Vertreterin der Unionsfraktion Anke Eymer forderte höhere Transparenz und strukturelle Veränderungen in der Zusammenarbeit von Vorstand und Komitee. Die von der Linksfraktion entsandte Monika Knoche kritisierte, dass das Komitee lediglich schmückendes Beiwerk sei, aber keine Kontrollrechte habe.

Unicef Deutschland kommt nach Vorwürfen der Verschwendung von Spendengeldern seit Wochen nicht aus den Schlagzeilen. Die Staatsanwaltschaft Köln ermittelt gegen Geschäftsführer Dietrich Garlichs wegen des Anfangsverdachts der Untreue.

AP · DPA · Reuters
DPA/ AP/ Reuters

PRODUKTE & TIPPS

Kaufkosmos