stern-Umfrage Wie sieht es an deutschen Schulen aus?

Bildung, Bildung, Bildung! Alle Politiker setzen auf Bildung. Aber wie sieht es an deutschen Schulen, Unis und Kitas tatsächlich aus? Bröckelt der Putz? Leckt die Leitung? Fehlt das Personal? Schicken Sie Fotos und Berichte an aktion@stern.de.

Eine kleine Grundschule in Hamburg, sozial schwaches Quartier, hoher Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund: "Personal", stöhnt Lehrerin R., die ihren Namen nicht in der Presse lesen will. "Wir haben kein Personal, um die Kinder richtig betreuen zu können." Konkret heißt das: In jeder Klasse sitzen 25 bis 26 Schüler. Nur zwei von ihnen, die Leistungsschwächsten, bekommen zusätzlichen Deutschunterricht. Mittagessen gibt es nicht, weil dafür die Räume fehlen. Selbst zum Putzen müssen Lehrer und Eltern ran: Der Staub auf den Schränken und der Dreck an den Scheiben bleibt kleben, weil die Putzkolonne keine Zeit hat. Alltag an einer deutschen Schule.

Der stern und stern.de wollen den deutschen Bildungsnotstand beschreiben. Berichten Sie uns über untragbare Zustände an Ihrer Schule, Ihrer Universität, Ihrer Berufsschule oder dem Kindergarten Ihrer Kinder. Schreiben Sie uns, schicken Sie Ihre Erfahrungen, Ihre Bilder und Ihre Kontaktadresse für Nachfragen an aktion@stern.de!

45 Milliarden Gesamtausgaben

Politikern ist das Problem bewusst: Alle Parteien räumen Kindergärten, Schulen und Universitäten die höchste Priorität ein. Zahllos die Sonntagsreden, in denen darauf hingewiesen wird, dass Bildung der Schlüssel für die Zukunft sei. Doch die Praxis sieht ganz anders aus, nicht nur an besagter Hamburger Grundschule. Ein paar Zahlen gefällig?

Deutschland gibt seit 30 Jahren weniger für Bildung aus als der Durchschnitt der OECD-Länder. Mindestens 45 Milliarden Euro müsste die Regierung jedes Jahr zusätzlich investieren, um zu den erfolgreichen Bildungsnationen wenigstens aufzuschließen. Das wäre eine Steigerung der Bildungsausgaben um 60 Prozent. Doch die Länder geben seit 2001 nicht mehr, sondern inflationsbereinigt rund zwei Prozent weniger für Bildung aus. An den Schulen fehlen 20.000 Lehrer. 1000 Schulleiter-Stellen bleiben in diesem Schuljahr unbesetzt.

Spitze - bei den Bildungsabbrechern

Die Folgen für das Lernen sind fatal: Ein Fünftel der 15jährigen kann nicht flüssig lesen und nur ansatzweise rechnen. Im OECD-Schnitt schließen rund 32 Prozent jedes Jahrgangs ein Studium ab. In Deutschland schaffen das gerade mal 22 Prozent. Nur in einer Disziplin gehören wir zur internationalen Spitzengruppe, bei der Produktion von Bildungsabbrechern: Ein Viertel bricht das Studium ab, ein Viertel bricht die Lehre ab und ganze acht Prozent verlassen die Schule ohne jeden Abschluss.

Nach 30 Jahren kann man das Ergebnis der Sparpolitik inzwischen sehen und oft mit Händen greifen: Viele Schulgebäude sind baufällig. In Forschungslabors regnet es durch die Decke. In Toiletten riecht es nach 40 Jahre altem Urinstein. In Schulbibliotheken, wenn es überhaupt eine gibt, stehen Atlanten, in denen Warschau noch als "derzeit unter polnischer Verwaltung" geführt wird. Sie, liebe Leser, kennen diese Probleme - aus eigener Anschauung oder aus der Erfahrung mit Ihren Kindern am besten.

Schreiben Sie uns

Wir suchen Eltern, die jetzt, in den Ferien, die Klassenräume ihrer Kinder putzen und streichen müssen. Wir suchen Schulen, in denen es keinen Schulleiter gibt und keine Bibliotheken, Unterricht wegen Lehrermangel ausfällt oder die Turnhallen baufällig sind. Wir suchen Universitäts-Institute, an denen Professuren eingespart oder über Jahre nicht besetzt werden und Seminarplätze verlost oder in unwürdigen Rangeleien zu Semesterbeginn regelrecht erkämpft werden müssen. Berichten Sie uns über Bibliotheken, die keine neuen Bücher mehr anschaffen können oder Kindergärten, in denen nicht mal gebastelt wird. Kurz: Wir suchen Ihr Beispiel für den ganz alltäglichen, himmelschreienden Bildungsnotstand in Deutschland. Schreiben Sie uns. An aktion@stern.de

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