Im Vorfeld der deutschen EU-Ratspräsidentschaft haben die Deutschen ein eher schlechtes Bild von der Europäischen Union. Die Mehrzahl verbindet mit der europäischen Einigung die Verlagerung von Arbeitsplätzen. Ein baldiges Zusammenwachsen der Staatengemeinschaft erwarten die Wenigsten, wie Umfragen in diesem Jahr ergaben. Dafür glaubte 2005 fast die Hälfte der Befragten dass die Türkei (47 Prozent) und die Ukraine (45 Prozent) bis 2020 zur EU gehören werden. Für eine Erweiterung ist aber nur etwa jeder Vierte.
Nur jeder dritte Deutsche rechnet mit einer gemeinsamen EU-Armee in 15 Jahren, wie eine Studie des Meinungsforschungsinstituts TNS Emnid im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung im September ergab. An eine einheitliche Sozialpolitik glauben 38 Prozent. Nur zur Erwartung der ökonomischen Einheit gibt es eine Mehrheit: 59 Prozent halten eine gemeinsamen Wirtschaftspolitik für möglich. Trotz des gescheiterten ersten Anlaufs zu einer EU-Verfassung rechnet fast die die Hälfte (45 Prozent) der Deutschen mit einem solchen EU-Regelwerk bis 2020. Jeder Vierte glaubt an die Weiterentwicklung bestehender Verträge.
Schlechte Stimmung in Deutschland
Die Zahl der Gegner einer EU-Erweiterung stieg zwischen Herbst 2005 und Frühjahr 2006 von 60 auf 66 Prozent, wie die "Eurobarometer"-Umfrage des Statistischen Amtes der EU ergab. Für eine EU-Erweiterung ist kaum mehr als jeder Vierte (28 Prozent). Mehr als drei Viertel (85 Prozent) betrachten die EU als Gefahr für die Arbeitsplätze im Land. Sie befürchten deren Verlagerung in EU-Länder mit niedrigeren Lohnkosten. Drei Viertel der Ostdeutschen und 66 Prozent der Westdeutschen verbinden die EU mit einem Abbau von Sozialleistungen.
Die meisten Befragten halten ihre Einflussmöglichkeiten auf die EU für gering. In Ostdeutschland glaubt laut "Eurobarometer" nicht einmal jeder Vierte, dass seine Stimme in Europa etwas zählt. Im Westen sind es 37 Prozent. Insgesamt stieg das Ansehen der EU bei den Westdeutschen von 40 auf 44 Prozent. In den neuen Bundesländern sank es seit Herbst 2005 um einen Punkt auf 38 Prozent.
TNS Emnid befragte bei der repräsentativen Umfrage in 13 EU-Ländern im August und September 2006 mehr als 12.000 Menschen. Das Statistische Amt der EU befragte für das "Eurobarometer" im Zeitraum vom 27. März bis zum 1. Mai 2006 rund 29.000 Menschen.