Bundesbildungsministerin Annette Schavan bestreitet die Anschuldigung, sie habe bei ihrer Doktorarbeit absichtlich getäuscht. "Die Unterstellung einer Täuschungsabsicht weise ich entschieden zurück", sagte die CDU-Politikerin am Sonntag in Berlin der Deutschen Presse-Agentur. Die "Süddeutsche Zeitung" zitiert Schavan zudem mit den Worten: "Es trifft mich. Es trifft mich im Kern. Es trifft den Kern von dem, was mir wichtig ist." Dem Blatt zufolge versicherte die Ministerin: "Ich habe sorgfältig gearbeitet. Hier und da hätte man auch noch sorgfältiger formulieren können." Heute merke sie zum Beispiel, dass sie damals bei Freud "noch ziemlich verdruckst war."
Die Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität überprüft seit mehreren Monaten Schavans Doktorarbeit aus dem Jahr 1980 auf Plagiatsvorwürfe. Das Ende September fertiggestellte Gutachten kommt laut einem "Spiegel"-Bericht zu dem Schluss, die Politikerin habe bei der Arbeit bewusst getäuscht.
Das charakteristische Bild des Abschreibens
"Eine leitende Täuschungsabsicht ist nicht nur angesichts der allgemeinen Muster des Gesamtbildes, sondern auch aufgrund der spezifischen Merkmale einer signifikanten Mehrzahl von Befundstellen zu konstatieren", zitierte das Magazin am Sonntag aus der 75-seitigen Expertise des Judaistik-Professors Stefan Rohrbacher. Die Arbeit weise an einer erheblichen Zahl von Stellen das charakteristische Bild des Abschreibens auf. Diese Arbeitsweise sei sogar ein wesentliches prägendes Element der Dissertation. Von der Universität Düsseldorf war am Sonntag keine Stellungnahme zu erhalten.
Rohrbachers Gutachten beanstandet dem Bericht zufolge Textstellen auf 60 der 351 Seiten der Dissertation. Häufig habe Schavan danach eine Abkürzung gewählt und sich aus Sekundärliteratur bedient, statt die Primärquellen selbst durchzusehen. Zum Teil seien Schavan beim Abschreiben auch Fehler unterlaufen.
Das Gutachten geht laut "Spiegel" nun an die weiteren Mitglieder des Promotionsausschusses der Philosophischen Fakultät in Düsseldorf. Sie wollten am Mittwoch über ihre Empfehlung an den Fakultätsrat beraten, der abschließend über die Aberkennung eines Doktortitels befinde. Vor der Entscheidung des Rates müsse Schavan angehört werden. Danach könnte sie gegen den Beschluss klagen.
Plagiatsjäger verlangt Rücktritt
Schavan ist eine der loyalsten Ministerinnen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im Kabinett und gilt als ihre Vertraute. Der VroniPlag-Gründer Martin Heidingsfelder hatte sie bereits nach Bekanntwerden der Vorwürfe im Mai zum Rücktritt aufgefordert. "Wer nicht weiß, wie man richtig zitiert, kann nicht Bundesforschungsministerin und Professorin sein", hatte der bekannteste deutsche Plagiatsjäger damals gesagt.
Heidlingsfelder wirkte bei der Aufdeckung von Plagiatsvorwürfen gegen mehrere Spitzenpolitiker wie den ehemaligen Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) und die FDP-Europaabgeordnete Silvana Koch-Mehrin mit. Guttenberg hatte seinen Doktortitel abgegeben und war im März 2011 von seinem Ministeramt zurückgetreten. Auch Koch-Mehrin und ihrem FDP-Kollegen Jorgo Chatzimarkakis wurden wegen Abschreibens ihre Doktortitel aberkannt.