In der Debatte über den Kauf von Steuersünder- CDs bahnt sich in Baden-Württemberg ein Koalitionskrach an. Finanzminister Willi Stächele (CDU) will den Datenträger, der seinem Ministerium angeboten wurde, unbedingt kaufen, stößt damit aber auf Widerstand beim Koalitionspartner FDP. Der liberale Justizminister Ulrich Goll ist strikt gegen den Kauf der CD - falls nicht klarwerden sollte, dass die Daten vom jetzigen Anbieter legal erworben wurden. "Ich will keine dubiosen Geschäfte mit dubiosen Leuten, die dubiose Motive haben", sagte Goll am Samstag nach Angaben seines Sprechers in Stuttgart.
Ein Kauf derartiger Datensammlungen bewege sich "mindestens in einer rechtlichen Grauzone", meinte der FDP-Minister. Auch werde so ein Denunziantentum gefördert. Die CDU warf Goll daraufhin vor, "millionenschwere Steuersünder" zu schonen.
Nicht nur im Südwesten müssen sich CDU und FDP über den Kauf von Daten mutmaßlicher Steuerbetrügern absprechen - auch in Nordrhein- Westfalen mit einer christlich-liberalen Koalition und im CSU/FDP- regierten Bayern wurden entsprechende CDs angeboten. Bei dem Baden- Württemberg angebotenen Material handelt es sich um Daten von Kunden verschiedener Schweizer Banken und Versicherungen. "Ich bin für einen Ankauf, wenn er rechtsstaatlich konform ist", sagte Stächele der "Bild am Sonntag". Der Informant fordere 500 000 Euro für eine CD mit 1700 Namen mutmaßlicher Steuerhinterzieher.
Das Stuttgarter Kabinett will an diesem Montag in einer kurzfristig einberufenen außerordentlichen Sitzung über das heikle Thema beraten. Unklar ist, ob alle CDU-Vertreter in der Landesregierung über den geplanten Kauf einer Meinung sind. Neben Goll hat auch FDP-Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser- Schnarrenberger grundsätzliche Bedenken: "Die Pflicht des Staates, Straftaten zu verfolgen, bezieht sich nicht allein auf die Verfolgung der Steuerhinterziehung, sondern ebenso auf die Verfolgung des Datendiebstahls", sagte die Ministerin und FDP-Vorsitzende in Bayern der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung".
Gefordert wird der Kauf dagegen von der Südwest-SPD und der Deutschen Polizeigewerkschaft. Die Grundsatzentscheidung für den Kauf sei gefallen, sagte der Gewerkschaftsvorsitzende Rainer Wendt. Deutschland gebe "ein fatales Bild ab, wenn sich in einzelnen Bundesländern Schutzräume für Steuerkriminelle entwickeln, die in anderen Ländern hinter Gittern landen. Es käme einem Treppenwitz des Föderalismus gleich, wenn diese Frage nunmehr nach dem Geschmack einzelner Landesminister entschieden würde."