Untersuchungsausschuss Verteidigungsminister Guttenberg "schwer belastet"

In der Kundus-Affäre steht Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg nach Ansicht der Opposition mit dem Rücken an der Wand.

In der Kundus-Affäre steht Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg nach Ansicht der Opposition mit dem Rücken an der Wand. "Es sieht so aus, als ob Herr zu Guttenberg gelogen hat", erklärte der Linken-Abgeordnete Jan van Aken bei einer Sitzung des Kundus-Untersuchungsausschusses am Donnerstag in Berlin. Auch Grüne und SPD erklärten, Guttenberg sei durch die Aussagen seines früheren Staatssekretärs Peter Wichert sowie des ehemaligen Generalinspekteurs Wolfgang Schneiderhan schwer belastet worden.

Überlagert wurde die Ausschusssitzung durch einen Spiegel-Online-Bericht über die "Gruppe 85" im Verteidigungsministerium. Sie soll die Vorgänge rund um das tödliche Bombardement auf zwei bei Kundus entführte Tanklaster am 4. September gezielt vertuscht haben. Schneiderhan und Wichert bestätigten die Existenz der Gruppe.

Wichert sagte, die "Gruppe 85" sei nie ein Geheimnis gewesen. Es habe sich um seine Pflicht gehandelt, alle relevanten Informationen in die Untersuchung des Bombardements einfließen zu lassen. Es sei "blanker Unfug", dass die Gruppe für Vertuschung zuständig gewesen sei.

In dem Bericht einer solchen unabhängigen Gruppe seien auch die entlastenden Punkte aufgelistet worden, um einseitigen Schuldzuweisungen seitens der NATO zuvorzukommen. "Aber Einfluss in dem Sinne, dass da geschoben oder getuscht wurde? Nein." Die Gruppe habe keinen Namen gehabt. Warum sie in der Presse "Gruppe 85" genannt werde, wisse er nicht.

Wichert und Schneiderhan wiesen in ihren getrennten Vernehmungen übereinstimmend Vorwürfe zurück, sie hätten die politisch Zuständigen nicht ausreichend über den Angriff und seine Auswirkungen informiert. Verteidigungsministerium und Bundeskanzleramt seien kurz nach dem Angriff auch über zivile Verletzte des Angriffs unterrichtet gewesen, sagte Wichert.

Schneiderhan erklärte, die Minister Guttenberg und sein Amtsvorgänger Franz Josef Jung (CSU) seien so beraten worden, "dass sie stets urteilsfähig waren".

Die Informationspannen nach dem Angriff hatten zunächst zum Rücktritt Jungs und danach zum Abgang Schneiderhans und Wicherts geführt. Für viele Beobachter überraschend war die Aussage der beiden, dass der von Feldjägern vor Ort erstellte Bericht mangelhaft gewesen sei.

Für die SPD sah sich der Abgeordnete Rainer Arnold durch die Zeugenvernehmung in seiner Auffassung bestätigt, "dass dieser Bombenabwurf ein schwerer Fehler war". Er forderte die Bundesregierung auf, erneut Stellung zu nehmen und sich auch zu der Möglichkeit disziplinarischer Maßnahmen zu äußern.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Grünen-Obmann Omid Nouripour erklärte, nach der Vernehmung stelle sich die Frage, warum Guttenberg seine beiden Mitarbeiter überhaupt entlassen habe. Offen sei weiterhin, auf welcher Grundlage der Minister seine Neubewertung des Angriffs abgegeben habe.

Der FDP-Verteidigungspolitiker Hellmut Königshaus erklärte, die "Angemessenheit des Angriffs" sei von beiden Zeugen betont worden. Er räumte ein, seit "drei oder vier Tagen" von der "Gruppe 85" zu wissen.

Der CDU-Abgeordnete Ernst-Reinhard Beck lobte einen "überzeugenden Auftritt" von Wichert und Schneiderhan. Er gehe davon aus, dass Guttenberg zu ihren Aussagen Stellung beziehen werde.

In der kommenden Woche soll Jung vor dem Ausschuss gehört werden. Die Vernehmung Guttenbergs ist für den 22. April geplant.

APN
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