VERFASSUNG Tierschutz im Grundgesetz verankert

Deutschland hat als erstes Land in der EU den Tierschutz in die Verfassung aufgenommen. Mit überwältigender Mehrheit stimmte der Bundestag der Grundgesetzänderung zu.

Nach jahrelanger Diskussion hat sich der Bundestag für die Aufnahme des Tierschutzes in die Verfassung ausgesprochen.

Das Parlament einigte sich mit 19 Gegenstimmen auf einen gemeinsamen Gesetzentwurf von SPD, Union, FDP und Grünen, der in Artikel 20 a des Grundgesetzes das Staatsziel Tierschutz festschreiben soll. 543 Parlamentarier votierten für die Neuregelung, 15 enthielten sich. Das Ja des Bundesrates - der wie das Parlament mit Zwei-Drittel-Mehrheit zustimmen muss - gilt als sicher. Die Entscheidung des Bundestages war möglich geworden, nachdem die Union ihren Widerstand gegen einen verfassungsrechtlich verankerten Tierschutz aufgegeben hatte. Auslöser für den Kurswechsel war das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes, das im Januar moslemischen Metzgern das Schächten von Tieren erlaubt hatte.

Neues Gewicht für den Tierschutz

Bundesverbraucherministerin Renate Künast (Grüne) sagte in der Debatte, mit der Grundgesetzänderung erhalte der Tierschutz »ein ganz neues Gewicht«. Sie beklagte, dass es immer noch zu lange Tiertransporte und zu viele vermeidbare Tierversuche gebe. »Auch dafür brauchen wir eine entsprechende Regelung im Grundgesetz«, sagte Künast. Die Gesetzesänderung in Deutschland könne Vorbild sein für EU-Länder, in denen der Tierschutz noch nicht in der Verfassung verankert sei. Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesinnenministerium, Cornelie Sonntag-Wolgast (SPD), sagte, die Neuregelung erkenne die Leidensfähigkeit der Tiere an.

Kompromiss für alle

Der CDU-Abgeordnete Wolfgang Freiherr von Stetten nannte den Gesetzentwurf einen »Kompromiss, bei dem sich alle als Sieger fühlen«. Er ließ erkennen, dass die Union ihre Position auch auf Drängen von Unions-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber (CSU) geändert hat.Stoiber hatte sein Eintreten für die Verankerung des Tierschutzes im Grundgesetz unter anderem mit der Aufhebung des Schächtverbotes für moslemische Metzger durch das Bundesverfassungsgericht begründet. Beim Schächten werden Tiere ohne Betäubung mit einem Messer getötet, so dass sie vollständig ausbluten können. Der CSU-Abgeordnete Norbert Geis sagte: »Nun ist der Tierschutz nicht mehr angewiesen auf den guten Willen des Gesetzgebers.«

Noch nicht am Ende des Weges

Die FDP begrüßte die Neuregelung. »Heute ist ein guter Tag für den Tierschutz«, sagte der FDP-Rechtsexperte Rainer Funke. Auch die PDS unterstützte die Grundgesetzänderung, sprach sich aber für einen weiter gehenden Schutz von Tieren aus.