Die etwa 4,7 Millionen erwachsenen Hartz-IV-Bezieher werden womöglich länger als erwartet auf eine Erhöhung ihres Arbeitslosengeldes II warten müssen. Spitzenpolitiker von Bundesregierung und Opposition erzielten in der Nacht zum Montag auch nach neuneinhalb Stunden Verhandlungen keine Einigung. Die Beratungen wurden auf Dienstagabend vertagt.
Im Gespräch war zuletzt ein Kompromissangebot von SPD und Grünen, das auf eine Erhöhung des Regelsatzes um elf statt fünf Euro auf 370 Euro hinausliefe. Damit ist fraglich, dass die Reform am Freitag von Bundesrat und Bundestag verabschiedet werden kann. "Die Wahrscheinlichkeit ist eher gering", sagte Arbeitsministerin Ursula von der Leyen.
Erhöhung um elf statt um fünf Euro im Gespräch
Die Spitzenrunde aus CDU, CSU und FDP sowie SPD und Grünen ging gegen 3.30 Uhr auseinander. Der Scheidepunkt war nach Angaben aus Teilnehmerkreisen ein rot-grünes Angebot, bei der Neuberechnung des Regelsatzes Hartz-IV-Bezieher außen vor zu lassen, die bis zu 100 Euro im Monat hinzuverdienen. Dies würde den Angaben zufolge dazu führen, dass das Arbeitslosengeld II um elf statt fünf Euro angehoben würde.
Rot-Grün argumentiert, die Neuregelung hätte damit eher Bestand vor dem Verfassungsgericht. Union und FDP haben bisher jede weitere Erhöhung strikt ablehnt. Die Koalition beriet in der Nacht zunächst untereinander über das Angebot, bat nach Angaben der Opposition dann aber um eine Unterbrechung, um sich mit ihren Parteispitzen zu besprechen. Die Spitzenrunde soll am Dienstagabend erneut zusammenkommen.
"Das ist ein zähes Ding"
"Das ist ein zähes Ding", sagte Grünen-Verhandlungsführer Fritz Kuhn. Von der Leyen sagte: "Wir haben nicht in allen drei Punkten Einigkeit erzielen können." Beim Bildungspaket für etwa 2,5 Millionen Kinder aus Geringverdienerfamilien habe die Koalition ein "milliardenschweres Angebot" gemacht. Nach Angaben von Teilnehmern schlugen Union und FDP vor, dass der Bund die Kommunen bei den Ausgaben für die Grundsicherung im Alter entlastet. Im Gegenzug würden die Kommunen die Kosten für das Bildungs- und Teilhabepaket für Kinder übernehmen, das Zuschüsse zum Schulessen, für Nachhilfe und Vereine vorsieht.
SPD-Verhandlungsführerin Manuela Schwesig sagte, die SPD unterstütze, wenn die Kommunen bei der Alters-Grundsicherung entlastet würden. Dies reiche aber nicht aus. "Hier gibt es noch keine Einigung", unterstrich sie.
Auch strengere Regeln für die Zeitarbeit blieben umstritten. Dort sperrte sich die FDP dagegen, die gleiche Bezahlung von Leiharbeitern und Stammbeschäftigten bereits nach einer kürzeren Frist als neun Monaten vorzuschreiben. "Da hat die FDP eine Betonhaltung", sagte ein Verhandlungsteilnehmer der Opposition. Zuversichtlich zeigten sich Oppositionsvertreter, dass es für die Zeitarbeit zumindest eine Lohnuntergrenze geben werde. Auch für das Wach- und Sicherheitsgewerbe sowie für die Weiterbildung sei die Einführung eines Mindestlohns im Gespräch.