Vorwürfe gegen Silvana Koch-Mehrin Plagiatsforscher hält Entzug des Doktortitels für möglich

Plagiatsexperte Volker Rieble hält es für gerechtfertigt, wenn FDP-Politikerin Silvana Koch-Mehrin der Doktortitel aberkannt wird. An vielen Stellen in ihrer Dissertation sei "zitatlos abgeschrieben" worden, so der Arbeitsrechtsprofessor. Die Uni Heidelberg will bis Ende Mai entscheiden.

Der Münchner Plagiatsexperte Volker Rieble hält es für möglich, dass der FDP-Politikerin Silvana Koch-Mehrin der Doktortitel entzogen wird. "Nach meiner Auffassung reicht es für den Titelentzug", sagte Rieble dem "Tagesspiegel". Es gebe "doch eine ganze Reihe von Stellen, bei denen zitatlos abgeschrieben worden ist und der zitierte Text zitatpflichtig" sei. Die Entscheidung darüber treffe aber die Heidelberger Fakultät, die dabei einen eigenen Beurteilungs- und Ermessensspielraum habe.

Kritik übte der Arbeitsrechtsprofessor an der Anonymität vieler Plagiatsjäger, etwa auf Internetseiten wie "Vroniplag". "Hier will niemand Verantwortung für die erhobenen Vorwürfe, für die Sorgfalt der Recherche tragen." Das begründe eine "erhebliche Waffenungleichheit, bei der die Zielperson, hier Frau Koch-Mehrin, angegriffen wird, aber sich praktisch nicht verteidigen kann".

Koch-Mehrin gerät derweil wegen der Plagiatsvorwürfe zunehmend unter Druck. Der SPD-Innenexperte Sebastian Edathy forderte am Mittwoch eine Erklärung Koch-Mehrins zu den Vorwürfen der anonymen Plagiatsjäger. Die Uni Heidelberg rechnet damit, dass im Zuge ihrer Überprüfung der Doktorarbeit Ende Mai eine Entscheidung fallen könnte.

"Klarer Fall von Plagiarismus"

Die Doktorarbeit der FDP-Europapolitikerin zum Thema "Historische Währungsunion zwischen Wirtschaft und Politik" war 2001 veröffentlicht worden und umfasst 227 Seiten. Auf der Internetseite "Vroniplag" wurde die Anzahl der Seiten mit angeblichen Plagiaten am Mittwoch mit 55 angeben. "Jeder kann sich selbst ein Bild machen, das ist ein klarer Fall von Plagiarismus", zitierte die "Frankfurter Rundschau" am Mittwoch einen der Prüfer der Online-Plattform.

Im Vergleich zu Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), der nach Plagiatsvorwürfen im Zusammenhang mit seiner Doktorarbeit zurückgetreten war, sei der Anteil der Plagiate im Fall Koch-Mehrins geringer. Laut "FR" soll auch die Art der angeblichen Plagiate eine andere sein. "Wenn wir das mit der Tour de France vergleichen, dann können wir sagen, dass wir Koch-Mehrin des Dopings überführt haben, während Guttenberg auf einem Motorrad davongefahren ist", sagte ein "Vroniplag"-Sprecher der Zeitung. "Aber Doping führt auch zur Disqualifikation."

Edathy sagte "Handelsblatt Online", Koch-Mehrin solle öffentlich zu den "gravierenden" Plagiatsvorwürfen Stellung beziehen. Die Vizepräsidentin des Europäischen Parlamentes wisse "ohne Zweifel, dass ein ausbleibendes Dementi nur zu ihren Ungunsten bewertet werden kann". "Insofern verwundert ihr Verhalten beziehungsweise kommt einem Eingeständnis durch Schweigen gleich", fügte der SPD-Politiker hinzu. Koch-Mehrin und ihr Büro in Brüssel wollten sich am Mittwoch nicht zu den Plagiatsvorwürfen äußern.

AFP
mlr/AFP