Das Schwerpunktthema Innere Sicherheit, der fehlende Amtsbonus von Bürgermeister Ortwin Runde (SPD) und eine weit verbreitete Wechselstimmung haben das Wahlergebnis in Hamburg entscheidend beeinflusst. Wie die Forschungsgruppe Wahlen in einer Analyse feststellte, sind die Probleme der SPD vor allem in der Hansestadt selbst zu suchen. Die Bundes-SPD werde mit plus 1,7 deutlich besser beurteilt als die Landes-SPD (0,6). Bei der CDU sah es umgekehrt aus: Sie wurde als Landespartei besser gesehen (0,7 zu 0,3).
Innere Sicherheit noch wichtiger als vor vier Jahren
Die Innere Sicherheit war diesmal noch stärker als vor vier Jahren das beherrschende Thema in Hamburg: 51 Prozent nannten die Kriminalität als wichtigstes Problem. Mit nur 17 Prozent folgte auf Platz zwei die Arbeitslosigkeit, ermittelte die Forschungsgruppe. Die Bekämpfung der Kriminalität trauten die Hamburger am ehesten der »Partei Rechtsstaatlicher Offensive« von Ronald Schill zu (26 Prozent), 24 Prozent nannten die CDU und nur 19 Prozent die SPD.
Schill nur durch ein Thema erfolgreich
»Die Kriminalitätsbekämpfung war der entscheidende Trumpf der Schill-Partei im Wahlkampf. In allen anderen Fragen trauten ihr die Hamburger keine nennenswerte Kompetenz zu«, hieß es in der Analyse. Auch wenn 57 Prozent der Hamburger hier zu Lande ähnliche Terroranschläge wie in den USA befürchten, gehörte die Terror- Problematik nur für acht Prozent zu den wichtigsten Themen.
Patt beim Duell der Spitzenkandidaten
Beim Duell der Spitzenkandidaten gab es praktisch ein Patt: 43 Prozent zogen den bisherigen Ersten Bürgermeister Runde vor, 42 Prozent seinen Herausforderer Ole von Beust (CDU). Runde besaß damit keinen Amtsbonus. Die Wähler waren auch nur mäßig zufrieden mit dem Hamburger Senat: Sie beurteilten die Leistungen des Senats auf der +5/-5-Skala insgesamt mit 0,3 nur knapp positiv.
Der Parteienforscher Peter Lösche sagte im ZDF, beide großen Parteien müssten nun darauf achten, bei der Bundestagswahl 2002 alle Stammwähler zu mobilisieren, um überhaupt auf über 35 Prozent zu kommen. Dazu sei »ein Spagat in drei, vier Richtungen notwendig«. Die Hamburger Wahl zeige, »dass die Wanderbereitschaft der Wähler erstaunlich groß ist«.
Das kommt davon...
Der Wahlforscher Dieter Roth (Forschungsgruppe Wahlen) sagte im ZDF, ein so schwaches Ergebnis für die SPD in der Hansestadt sei die Folge, »wenn man sich nicht um die Probleme der kleinen Leute kümmert«, in diesem Fall die Angst vor Kriminalität. Die massiven Verluste der Hamburger Grünen bedeuteten für die Bundespolitik »noch nichts«. Allerdings zeige sich angesichts deutlich besserer Prognosen für die GAL vor zwei Wochen, dass die Debatten der vergangenen Tage über die deutschen Reaktionen auf die Terror-Anschläge in den USA sich auswirkten.
Schill hat eine »Mini-Volkspartei«
Die »Partei Rechtsstaatlicher Offensive« des Hamburger Richters Schill hat Wähler aus allen gesellschaftlichen Gruppen und Schichten angezogen, sagte der Berliner Parteienforscher Oskar Niedermaier im InfoRadio Berlin-Brandenburg. »Das ist eine Mini-Volkspartei.«
Bildungsgefälle
Die SPD hatte bei Wählern mit formal niedriger Bildung ihre besten Ergebnisse (41 Prozent), ermittelte die Forschungsgruppe Wahlen. Bei Hochschulabsolventen kam sie nur auf 34 Prozent. Die CDU-Ergebnisse waren in allen Bildungsgruppen etwa gleich. Für die FDP und noch stärker für die Grünen galt, dass sie umso besser abschnitten, je höher der Bildungsabschluss der Wähler ist. Genau umgekehrt war es bei der Schill-Partei: Bei Wählern mit niedriger Bildung kam sie auf klar über 20 Prozent, bei den Hochgebildeten blieb sie einstellig.