Bundeswehr Kind des Kalten Krieges

Als auf den heißen der Kalte Krieg folgte, verschlechterten sich auch die Beziehungen zwischen den Westmächten und der UdSSR - man befürchtete ein Vorrücken der Roten Armee gen Westen. Der brauchte nun das besiegte Deutschland.

Es war am 12. November 1955, dem 200. Geburtstag des preußischen Heeresreformers Gerhard Johann David von Scharnhorst. Um 10.00 Uhr betrat der CDU-Politiker Theodor Blank, erster Bundesminister für Verteidigung im Kabinett von Kanzler Konrad Adenauer, die Halle der ehemaligen Bonner Ermekeil-Kaserne und überreichte mit ernster Miene den dort angetretenen 101 Freiwilligen ihre Ernennungsurkunden. Nur zwölf von ihnen trugen Uniform, die anderen waren in Zivilanzügen erschienen. Das war die Geburtsstunde der Bundeswehr.

"Wehrmacht ohne Hakenkreuz"

Erst zehn Jahre zuvor war der Zweite Weltkrieg zu Ende gegangen. Am 8. Mai 1945 hatten deutsche Generäle die bedingungslose Kapitulation unterschrieben. Deutschland lag in Trümmern, und landauf, landab hieß es, nie wieder dürfe es deutsches Militär geben. Die Siegermächte stellten jede Beschäftigung mit kriegerischen Tätigkeiten unter schwere Strafe. Dass es dann anders kam, lag daran, dass auf den heißen der Kalte Krieg folgte. Die Beziehungen zwischen den westlichen Siegermächten und der UdSSR verschlechterten sich dramatisch, man befürchtete ein Vorrücken der Roten Armee gen Westen. Der brauchte plötzlich das besiegte Deutschland und westdeutsches Militär. Zunächst noch hinter verschlossenen Türen, später offen, forderten vor allem die Amerikaner eine deutsche "Wehrmacht ohne Hakenkreuz". Bereits Ende Mai 1950 ordnete Adenauer interne Vorbereitungen dafür an. Das geschah hauptsächlich in der "Dienststelle Blank", deren Leiter später erster Verteidigungsminister wurde.

Eine überwiegend aus früheren Wehrmachts-Generälen bestehende Expertenkommission zog sich im Oktober 1950 in die Abtei Himmerod in der Eifel zurück, um die Grundzüge neuer deutscher Streitkräfte zu entwerfen. Das Ergebnis wurde in der "Himmeroder Denkschrift" zusammengefasst: Es sollte in bewusster Abkehr von der Wehrmacht eine "Armee in der Demokratie" entstehen, unter dem Oberbefehl eines zivilen Politikers und unter Kontrolle des Parlaments, auf der Basis der allgemeinen Wehrpflicht. Als Armee im Bündnis sollten ihre Verbände ausschließlich zur gemeinsamen Verteidigung Deutschlands und Europas eingesetzt werden. Ihr Charakter sollte rein defensiv sein - nie wieder sollte von deutschem Boden ein Krieg ausgehen. Eine weitere Neuerung stellte die "innere Führung" mit dem Leitbild des "Staatsbürgers in Uniform" dar. Die Grundrechte der Soldaten sollten nur insoweit eingeschränkt werden, wie militärische Erfordernisse dies unumgänglich machen.

Streitkräfte von maximal 500.000 Mann

Im Oktober 1954 wurden die Pariser Verträge unterzeichnet: Der Bundesrepublik wurden Streitkräfte von maximal 500.000 Mann zugestanden bei Verzicht auf ABC-Waffen, strategische Bomber und größere Kriegsschiffe. Mit der Unterzeichnung des Deutschlandvertrages am 5. Mai 1955 wurde die Bundesrepublik ein souveräner Staat, der vier Tage danach in die Nato und die Westeuropäische Union aufgenommen wurde. Danach ging alles sehr schnell. Im Januar 1956 wurden erste Lehrkompanien aufgestellt, am 1. April 1957 die ersten Wehrpflichtigen eingezogen. Am 3. April 1959 trat der erste Wehrbeauftragte des Bundestages sein Amt an.

Innerhalb von nur fünf Jahren wuchs die Bundeswehr von Null auf 300.000 Mann. Bei diesem Tempo war es nicht zu vermeiden, dass die ersten Jahre von ehemaligen Wehrmachtsgenerälen geprägt wurden. Vielen war die parlamentarische Kontrolle der Streitkräfte ein Dorn im Auge, vielen ging auch der "Staatsbürger in Uniform" gegen den militärischen Strich. Das damalige Problem brachte Adenauer auf den Punkt, als er auf die Frage, ob Hitlers Generäle auch die seinen seien, antwortete: "Ich glaube, dass mir die NATO 18-jährige Generäle nicht abnehmen wird."

Bei der Rekrutenausbildung lebten überwunden geglaubte Schleifer-Methoden wieder auf, was beispielsweise im Sommer 1963 die Ausbildungskompanie der 1. Luftlandedivision das Schwarzwaldstädtchen Nagold in unrühmliche Schlagzeilen brachte. Letztlich jedoch haben die Prinzipien der "Himmeroder Denkschrift" sich durchgesetzt und die Bundeswehr zu einer auch international hoch angesehenen Armee gemacht.

Adenauer wollte Atomwaffen

Schon fast vergessen ist im übrigen, dass Adenauer, sein Verteidigungsminister Franz Josef Strauß und dessen Spitzenmilitärs anfangs massiv auf den Besitz von oder zumindest die Verfügungsgewalt über Atomwaffen drängten und sie in ihren Waffenarsenalen einplanten. In diesem Punkt aber blieben die Amerikaner hart und wiesen die Bonner Republik in ihre Schranken. Noch nach dem Mauerbau am 13. August 1961 verlangte Bonn von den NATO-Partnern den Einsatz von Atomwaffen zur Sicherung der Zufahrtswege nach Berlin - die USA aber weigerten sich und verhinderten damit wahrscheinlich einen Krieg.

AP
Detlef Rudel/AP

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