Glienicker Brücke Arena der Agenten

In ihrer 300-jährigen Geschichte wurde die Glienicker Brücke drei Mal zur Plattform für Geheimdienstmanöver. Vor 20 Jahren fand am alliierten Grenzübergang in Berlin der größte Agententausch des Kalten Krieges statt.

Highnoon am 11. Juni vor 20 Jahren: Genau um 12 Uhr mittags, nicht ganz zufällig wie im legendären Kino-Western, war die Glienicker Brücke der Schauplatz für den größten Agentenaustausch in der Geschichte des Kalten Krieges. 25 in der DDR aufgeflogene Spione des amerikanischen Geheimdienstes CIA wechselten von der Potsdamer Seite Richtung Wannsee, im Gegenzug übergaben die Alliierten vier Ostagenten. Noch zweimal in ihrer 300-jährigen Geschichte war die Glienicker Brücke, die mit ihren charakteristischen Doppelbögen die Havel überspannt, die Plattform Aufsehen erregender Wechselmanöver.

Zwei Handbreit dicke Kalklinie

Am 10. Februar 1962, es war genau 8.44 Uhr, überschritt US-Pilot Francis Gary Powers die zwei Handbreit dicke Kalklinie in der Mitte der Brücke, eigentlich ein kleiner Schritt von Ost nach West. Doch Powers hatte eine lange "Reise" hinter sich. Knapp zwei Jahre zuvor war sein "U2"-Aufklärungsflugzeug über der Sowjetunion mit einer Luftabwehrrakete vom Himmel geholt worden. Powers rettete sich mit dem Fallschirm. Das Urteil des Militärgerichts lautete auf zehn Jahre Haft. Powers wurde ausgetauscht gegen den in New York zu 30 Jahren Gefängnis verurteilten Oberst Iwanowitsch Abel vom sowjetischen Geheimdienst.

Das größte Medienereignis in der Berliner Spionagegeschichte war 24 Jahre später die Freilassung des sowjetischen Bürgerrechtlers Anatolij Schtscharanskij am 11. Februar 1986 in den Westen. Mehrere hundert Medienvertreter aus der ganzen Welt hatten sich an dem Wintermorgen im Schneematsch rund um die Glienicker Brücke eingefunden. Dieser Spion kam wirklich aus der Kälte. Im Schritttempo eskortiert wurde die Wagenkolonne vom goldfarbenen Mercedes des zu Berühmtheit gelangten DDR-Rechtsanwalts Wolfgang Vogel. Sechs Agenten aus der damaligen CSSR, UdSSR und aus Polen fuhren in zwei Kleinbussen in die Gegenrichtung.

Es waren immer nur wenige, die auf der Glienicker Brücke - der Verbindung des äußersten Südwestens von Berlin mit Potsdam - im Blickpunkt standen. Doch nur wenige Jahre später, unmittelbar nach dem Fall der Mauer im November 1989, strömten Hunderttausende aus beiden Richtungen über die Brücke. Viele tanzten und sangen. Anfangs ließen sich die "Wessis" von lächelnden DDR-Vopos noch Stempel in die Reisepässe drücken und stellten gut gelaunt Agentenszenen fürs Familienalbum nach. Die weiße Grenzmarkierung war dann schnell zertreten und vom Regen verwaschen.

Von der Holz- zur Stahl- und Eisenbrücke

Die Geschichte der Glienicker Brücke begann nach historischen Quellen um 1700. Die damals entstandene Holzbrücke wurde 1777 durch eine neuere ersetzt. Eine Poststelle verstärkte den Verkehr, und so verdrängte von 1834 an eine massive Steinbrücke die Holzkonstruktion. Die heutige Stahl- und Eisenbrücke entstand um 1907.

Der Wiederaufbau der im letzten Kriegsjahr von der deutschen Wehrmacht gesprengten Brücke begann 1947. Früh nach Kriegsende nutzten die Alliierten die strategische Lage des Bauwerks, das am 19. Dezember 1949 feierlich den Namen "Brücke der Einheit" erhielt. Doch die Bevölkerung hatte nicht lange freien Zugang. Ende Mai 1952 wurde die Brücke gesperrt und war nur noch zugänglich für Fahrzeuge der alliierten Militärmissionen. Privatpersonen kamen nur noch mit raren Sondergenehmigungen auf diesem kurzen Weg nach Berlin.

Heute ist die Glienicker Brücke vor allem unentbehrlich für Zehntausende von Pendlern zwischen Berlin und Brandenburg, zwischen der Bundeshauptstadt und Potsdam. Außerdem genießen besonders an den Wochenenden Tausende von Ausflüglern den Spaziergang auf der Brücke und den Anblick der Segler darunter.

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Hans-Rüdiger Bein/DPA