Indianer Massaker am "Wounded Knee"

In South Dakota metzeln Kavalleriesoldaten 1890 über 200 Wehrlose vom Stamm der Sioux nieder. Der Kongress verteilt an die Truppe Ehrenmedaillen für den gelungenen Einsatz.

Es ist bitterkalt im US-Bundesstaat South Dakota an diesem 28. Dezember 1890. Am Horizont braut sich ein Unwetter zusammen. Big Foot, der alte schwer kranke Sioux-Häuptling, ist auf dem Weg ins Pine Ridge Reservat. Ihm folgen 350 Männer, Frauen und Kinder. Sie sind müde von dem zweiwöchigen Marsch.

Die Indianer fürchten neue Verfolgungen durch die Weißen und suchen Schutz bei befreundeten Stämmen. Angeblich sollten die Indianergebiete längst unantastbar sein; Reservate, in denen Weiße nichts zu suchen haben. Doch die Siedler kümmern sich nicht darum. Trotz aller Versprechen und Verträge drängen sie mit Hilfe der Armee weiter nach Westen und rauben den Indianern ihr Land. Militärisch haben die Stämme keine Chance.

Einige suchen Zuflucht im Glauben. In Nevada erklärt ein Paiute-Indianer namens Wovoka, ihm sei Jesus erschienen. Er predigt gewaltlosen Widerstand, brüderliche Liebe und einen Geistertanz. Der würde die Indianer gegen die Kugeln des Weißen Mannes immun machen und die Siedler zurückdrängen. Der Tanz verbreitet sich wie ein Präriefeuer, die Pioniere werden beim Anblick der bunt bemalten, herumhüpfenden Indianer misstrauisch. Ein junger Regierungsbeauftragter alarmiert das Militär. Ihm haben die Sioux den Namen Kokipa-Koshla gegeben, Junger-Mann-der-Angst-vor-den-Indianern-hat. Er glaubt an eine Verschwörung. In Sitting Bull, dem legendären Häuptling der Sioux, sieht er den Drahtzieher.

Der Tod des großen Häuptlings

Der Tanz wird verboten. Eines Morgens umstellen 44 Polizisten Sitting Bulls Blockhütte am Ufer des Grand River. Beim Versuch, ihn abzuführen, kommt es zu einem Handgemenge. Schüsse fallen. Sitting Bull sinkt tödlich getroffen auf die gefrorene Erde. Anschließend ermorden die Polizisten noch seinen 17-jährigen Sohn Crow Foot. Viele Sioux flüchten. Sie haben Angst vor weiteren willkürlichen Verhaftungen und Morden.

Am nächsten Tag, kurz nach Sonnenaufgang, fordert Forsyth die Indianer auf, ihre Waffen abzugeben. Sie folgen dem Befehl, aber der Oberst traut ihnen nicht. Er lässt die Zelte durchsuchen. Die Soldaten finden noch ein paar Messer und Beile. Forsyth befiehlt, jeden Indianer einzeln zu untersuchen. Die Sioux nehmen die Provokation gelassen hin.

Bei einem jungen, tauben Indianer finden die Soldaten eine Winchester. Er versteht nicht, was die Weißen von ihm wollen, und weigert sich, das Gewehr abzugeben. Ein Schuss fällt. Er scheint das Signal zu sein, auf das die Armee gewartet hat. Die Soldaten eröffnen das Feuer auf die unbewaffneten Familien. Sie schießen auf alles, was sich bewegt. Die Frauen flüchten mit ihren Kindern in die Zelte oder rennen davon. Es nützt nichts. Über 200 tote Indianer bleiben zurück. 25 Soldaten kommen um, die meisten durch Kugeln ihrer Kameraden.

Ehrenmedaillen für die "Helden"

Der Kongress verleiht 20 Ehrenmedaillen an die Truppe für ihren tapferen Einsatz. "Die Mitglieder der siebten Kavallerie haben sich einmal mehr als Helden erwiesen", schreibt die "Chicago Tribune". Der in Indianerfeldzügen erprobte General Nelson Miles dagegen nennt das Verhalten der Armee "völlig ungerechtfertigt und auf das Schärfste zu verurteilen". Seinen Versuch, Oberst Forsyth vor ein Kriegsgericht zu stellen, verhindert der verantwortliche Minister. Das Blutbad geht als glorreiche Schlacht am "Wounded Knee" in die amerikanische Geschichte ein. Erst 1990 drückt der Kongress gegenüber den Sioux sein "tiefes Bedauern" über das Massaker aus.

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Jan-Philipp Sendker

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