US-Hilfe Aus Feinden werden Freunde

Bald nach Kriegsende wandelt sich die Haltung der USA gegenüber den Westdeutschen - die Kriegsgegner von einst werden als Verbündete im Kalten Krieg gebraucht und unterstützt.

Bei Kriegsende waren die Amerikaner entschlossen, die Deutschen auch nach dem Sieg als Feinde zu behandeln. Wenige Jahre später war alles ganz anders: Westdeutschland wurde als Verbündeter im Kalten Krieg gebraucht und finanziell unterstützt, amerikanische Familien packten Pakete für die Deutschen. Die Dankbarkeit für diese Aufbauhilfe gehört zur Grundausstattung der Bundesrepublik - auch wenn die meisten Wohltaten nüchtern kalkuliert waren.

In der berühmten Direktive JCS 1067 vom April 1945 wurde dem Oberbefehlshaber der US-Zone noch untersagt, die ökonomische Kraft der Besetzten zu stärken. Es dauerte aber nur ein gutes halbes Jahr, bis der amerikanische Sondergesandte Byron Price vor einer Hungerkatastrophe in Deutschland warnte und Aufbauhilfen forderte; nicht zuletzt um die USA vor der teuren Pflicht zu schützen, die Menschen in der eigenen Besatzungszone dauerhaft durchzufüttern. Im Frühjahr 1946 genehmigte die Regierung in Washington das erste Hilfsprogramm. Ab Juli dieses Jahres trafen in den westlichen Besatzungszonen Nahrungsmittel, Saatgut und Düngemittel im Wert von 1,6 Milliarden Dollar (bis März 1950) ein. Nach heutiger Kaufkraft entspricht die Summe etwa zwölf Milliarden Euro.

Immer stärker versuchten die USA, Westeuropa durch eine Wirtschaftsordnung nach ihrem Vorbild zu stabilisieren und so der Gefahr einer Ausbreitung des Kommunismus vorzubeugen. Kern dieser Politik war der Marshall-Plan, ein 13,9 Milliarden Dollar teures Aufbauprogramm für mehr als ein Dutzend Staaten, das am 3. April 1948 in Kraft trat. Zehn Prozent davon gingen zwischen 1948 und 1952 nach Westdeutschland. Rund ein Drittel der gesamten Hilfe zahlte die Bundesrepublik später zurück.

Privatleute, Kirchen und Wohlfahrtsverbände schickten zudem Nahrungsmittel, Kleidung und Gebrauchsgüter im Wert von 170 Millionen Dollar nach Deutschland. Zu den Lieferungen gehörten rund zehn Millionen Care-Pakete. Der politische und psychologische Effekt der Hilfe war gewaltig; der wirtschaftliche nicht unbedeutend, aber weit weniger groß.

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Klaudia Thal