VG-Wort Pixel

Podcast Femizide: Wenn Männer Frauen töten

 Mit 117 Paar Schuhen wurde den 117 Opfern von Femiziden gedacht, die 2019 in der Partnerschaft ermordet wurden
Im Jahr 2020 gab es dieses Gedenken im Innenhof des Branderburger Landesparlaments in Potsdam: Mit 117 Paar Schuhen wurde den 117 Opfern von Femiziden gedacht, die 2019 in der Partnerschaft ermordet wurden
© Sören Stache / DPA
Jeden dritten Tag wird in Deutschland eine Frau von ihrem Mann getötet. Oft als Familiendrama oder Eifersuchtstat betitelt, werden Taten verharmlost, bei denen es sich um brutale Morde handelt.

Femizide sind Morde an Frauen – und das sollte man auch so benennen, sagt "stern"-Redakteurin Isabelle Zeiher in der 441. Folge "heute wichtig". "Das ist eine Tötung, die passiert, weil in der Beziehung patriarchalische Strukturen herrschen", also Verhaltensregeln, die ein Mann einer Frau auferlegt. Werden diese gebrochen, ist das für den Täter ein "legitimer Grund, das Leben der Frau zu beenden", sagt sie im Podcast.

Femizide: die Eskalation von jahrelanger Gewalt

Für die Redakteurin ist der eigene Rechtsbegriff des "Femizid" deshalb auch sinnvoll. Denn dahinter verbirgt sich ein viel größeres Problem: "Häusliche Gewalt fängt viel früher an." Oftmals ist der Femizid nur die Eskalation von Gewalt, die sich jahrelang manifestiert hat. Morde von Männern an Frauen kommen viel häufiger vor. Im vergangenen Jahr sind 113 Frauen in Beziehungen von ihren Partnern getötet worden – und im Vergleich dazu "nur" 14 Männer.

Frauen zeigen ihre Männer nicht sehr oft an"

Trotzdem ist die Datenlage in Deutschland schwierig. "Femizide sind ein noch sehr unerforschtes Feld", sagt Isabelle Zeiher – auch, weil es hohe Dunkelziffern gebe. Nicht bei den Femiziden an sich, sondern den Mordversuchen, die dem vorausgehen. "Frauen zeigen ihre Männer nicht sehr oft an", sagt die Redakteurin. Bei ihren Recherchen hat Isabelle Zeiher lange mit einer Protagonistin gesprochen, die viele Anläufe gebraucht hat, bis sie ihren Partner angezeigt hat.

Extremes Schampotenzial, Abhängigkeiten und Angst: Warum Frauen nicht gehen

Warum gehen diese Frauen nicht vorher, wenn sie es mit einem gewalttätigen Partner zu tun haben? Eine Frage, die immer wieder laut wird, wenn es um Femizide geht. Nur: "Das ist sehr leicht gedacht", sagt Isabelle Zeiher. Es gebe viele Faktoren, warum diese Frauen bleiben: Finanzielle Abhängigkeit oder emotionale Abhängigkeit. "Viele lieben ihren Mann und vertrauen darauf, dass er sich ändern wird, auch wenn das meistens nicht der Fall ist." Oft spielten auch gemeinsame Kinder eine Rolle. Im schlimmsten Fall drohten Männer ihren Frauen damit, den Kindern etwas anzutun, wenn die Frau geht, erklärt Zeiher. "Und tatsächlich sind die Momente, in denen man geht, oft die schlimmsten, wo es besonders häufig zu Femiziden kommt." Und so ist es nicht verwunderlich, dass die meisten Frauen etwa sieben Jahre brauchen, bis sie sich von ihrem gewaltbereiten Partner trennen. "Und obwohl wir inzwischen mehr darüber sprechen, ist das Schampotenzial extrem."

Ihr Abo für "heute wichtig"

Verpassen Sie auch sonst keine Folge von "heute wichtig" und abonnieren Sie unseren Podcast bei: RTL+ Musik, Spotify, Apple Podcasts, Deezer, Castbox oder in ihrer Lieblings-Podcast-App. Bei inhaltlichen Fragen oder Anregungen schreiben Sie uns an heutewichtig@stern.de.

Mehr zum Thema

Newsticker