Viele Männer lassen sich im sogenannten "Movember" einen Schnurrbart wachsen und machen damit auf ein sehr wichtiges Thema aufmerksam: Die Gesundheit von Männern. Dabei geht es auch um mentale Gesundheit und Suizidprävention. Der Movember soll Männer motivieren, offener über ihre Probleme zu sprechen, Hilfen anzunehmen. Denn oft lernen Jungen schon sehr früh, sich durchs Leben zu kämpfen, auch wenn es ihnen nicht gut geht.
Deshalb bespricht Moderator Michel Abdollahi in der 405. Folge des Podcasts "heute wichtig" das Thema Selbstverletzung bei Jugendlichen. Das tritt zwar augenscheinlich häufiger bei Mädchen auf, Jungen leiden aber genauso darunter. "Die Ursachen für Selbstverletzung sind weit gefasst", sagt der Facharzt für Kinder- und Jugendpsychatrie Dr. Oliver Dierssen im Podcast. Manche spürten erst, wie sehr sie innerlich leiden, wenn sie die Haut bluten sehen. Andere – der erheblich geringere Teil – bestraften sich dadurch selbst. "Vielen gibt es so etwas wie Halt", sagt der Kinderpsychiater. Ehe der Druck noch weiter steigt, bis hin zum suizidalen Verhalten, verletzten sich Menschen selbst.
Selbstverletzung bei Jugendlichen: "Einsamkeit ist ein großer Risikofaktor"
Menschen mit einer psychischen Belastung sind laut Oliver Dierssen oft sehr einsam und sozial isoliert, insbesondere Jugendliche. "Diese Einsamkeit ist ein ganz großer Risikofaktor für seelischen Schmerz." Dieser Schmerz drücke sich häufig in Selbstverletzung aus, "damit er an die Körperoberfläche kommen kann, verstanden wird – und auch wieder nachlassen kann". Häufig treffe man deshalb auf die These, dass selbstverletzendes Verhalten ein "Akt der Selbstfürsorge" ist. Aus Sicht des Kinderpsychiaters heißt "Selbstfürsorge" in diesem Kontext aber nicht, dass selbstverletzendes Verhalten gesund oder richtig ist. Falsch sei aber, Selbstverletzung moralisch zu verurteilen. "Man muss sich schon vor Augen führen, dass Menschen, die das machen, wirklich in großer Not sind", so Dierrsen. Allerdings hat die Selbstverletzung, wie Oliver Dierssen sagt, "keinen guten Ruf". Betroffene werden in Notaufnahmen sehr kritisch gesehen, müssten sich viele Fragen und Vorwürfe anhören.
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Für viele Jugendliche hat das Tagebuchschreiben einen festen Platz im Alltag. Man notiert, was einen beschäftigt, wie es einem geht und wovon man träumt. Je älter wir werden, desto eher hören wir allerdings damit auf, unsere Gedanken zu Papier zu bringen. Dabei kann so ein Tagebuch echt hilfreich sein. Wer seine Gedanken aufschreibt, der schafft Platz im Kopf. Das hilft vor allem dann, wenn man im Gedankenkarussell gefangen ist oder sich nicht konzentrieren kann, weil ständig neue Tabs im Kopf aufploppen. Außerdem reflektieren wir unsere Gedanken und Erlebnisse noch einmal, wenn wir sie aufschreiben. Das kann uns helfen, den Blick zu weiten und neue Perspektiven einzunehmen. Das Tagebuch kann also helfen, zu neuen Erkenntnissen zu kommen, sich selbst besser kennenzulernen und Struktur ins Gedankenchaos zu bringen. Und wenn man sich daran mal nichtmehr erinnern kann, dann hat man es ja sogar schriftlich.
Was Eltern tun können, wenn das Kind sich selbst verletzt
Dabei ist es gerade die Tabuisierung, die zu noch mehr Einsamkeit, zu noch mehr Schmerz führe. Betroffene Jugendliche ziehen sich zurück – aus Scham und weil sie andere nicht belasten wollen. Viele hätten Angst, sich ihren Eltern anzuvertrauen. "Als Elternteil ist es sehr schwer, wenn sich das Kind selbst verletzt", sagt der Kinderpsychiater im Podcast. Ihnen rät er, Beratung und Unterstützung zu suchen – für ihr Kind, aber auch für sich selbst. Am besten helfen Eltern ihren Kindern, wenn sie sie auf ihrem Weg begleiten: "Und dabei muss es auch den Eltern gut gehen." Das Wichtigste dabei: Den Druck rausnehmen, an der Seite des Kindes zu bleiben, egal, wie lange der Prozess dauert und zu sagen: "Ich erwarte nicht, dass es dir sofort besser geht."

Podcast "heute wichtig"
Klar, meinungsstark, auf die 12: "heute wichtig" ist nicht nur ein Nachrichten-Podcast. Wir setzen Themen und stoßen Debatten an – mit Haltung und auch mal unbequem. Dafür sprechen Host Michel Abdollahi und sein Team aus stern- und RTL-Reporter:innen mit den spannendsten Menschen aus Politik, Gesellschaft und Unterhaltung. Sie lassen alle Stimmen zu Wort kommen, die leisen und die lauten. Wer "heute wichtig" hört, startet informiert in den Tag und kann fundiert mitreden.
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