"Die Lage im Iran hat sich nicht verändert, sie hat sich weiter verschlimmert", sagt Michel Abdollahi in der 432. Folge "heute wichtig" im Gespräch mit der Redaktion. Der Podcast-Moderator hat seit dem Ausbruch der Proteste im September 2022 mit vielen Journalistinnen und Journalisten, Menschenrechtlerinnen und Menschenrechtlern gesprochen, zum Jahresende zieht er selbst Bilanz.
Ein Protest, der anders ist als viele zuvor: Die Social-Media-Bewegung im Iran
Spricht Michel Abdollahi mit Angehörigen, die im Iran leben, wird immer wieder deutlich, dass der Alltag dort weitergeht. Das Land, sagt er, befinde sich nicht unbedingt im Ausnahmenzustand," aber überall, wo man zivilen Ungehorsam zeigen kann, wird das gezeigt von den Menschen". Von einer "feministischen Revolution" zu sprechen, hält der Moderator für "völligen Blödsinn": "Das ist schlichtweg falsch. Das ist eine gesamtgesellschaftliche Bewegung gegen dieses System." Ein Protest, der aber anders sei als vieles zuvor: "Es ist eine Bewegung, die über Social Media entstanden ist, die aus den Menschen herauskommt, unabhängig ist."
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Michel Abdollahi kritisiert die Zurückhaltung der Regierung: "Das ist ein großes Versagen"
Gerade deshalb sei es unheimlich wichtig, hinzusehen, sagt Michel Abdollahi. Denn: "In dem Moment, wo unsere Aufmerksamkeit weg geht, machen die dort, was sie wollen. Und das ist das, wovor die Menschen Angst haben." In den vergangenen Monaten hat der "heute wichtig"-Host immer wieder beklagt, dass die Reaktion der Bundesregierung auf die Proteste zu verhalten sei – etwas, das sich seiner Meinung nach nicht groß verändert hat: "Es bleibt im Grunde ein großes Versagen, was dort passiert ist." Überrascht habe ihn die Unwissenheit der Politikerinnen und Politiker sowie von Vertreterinnen und Vertretern der EU über den Iran, über das System: "Das hat mich am Ende doch sehr erschreckt". Außerdem sei gerade die deutsche Regierung sehr zögerlich mit dem Iran: "Weil man es sich mit den Wirtschaftsbeziehungen nicht verscherzen möchte."
Mit Blick auf das nächste Jahr sagt Michel Abdollahi: "Keiner kann wirklich sicher sagen, was passieren wird." Es liege in der Hand des iranischen Volkes auf der einen Seite, und in unserer auf der anderen Seite, dafür zu sorgen, dass diese Proteste und das Unrecht, das geschieht, nicht unsichtbar und auch nicht ungestraft bleiben. Die Macht, etwas zu teilen, zu kommentieren, sei "unendlich groß": "Gemeinsam sind wir laut."