Bei den mörderischen Angriffen der Hamas auf Israel, waren zuerst oft kleine Ortschaften, sogenannte Kibbuzim, das Ziel. Auch das "Tribe of Nova"-Festival, bei dem nach einem terroristischen Anschlag am Samstag mindestens 260 Menschen getötet wurden, fand in einer solchen Ortschaft statt, dem Kibbuz Re'im. Wobei handelt es sich bei diesen Ortschaften?
Kibbuzim haben lange Tradition
Kibbuz bedeutet auf Hebräisch so viel wie "Versammlung". So werden ländliche Kollektivsiedlungen in Israel bezeichnet, welche auf bestimmten Prinzipien sozialer Gerechtigkeit, wie gemeinsamen Eigentum und basisdemokratischen Strukturen, beruhen. Die meisten verbliebenen Kibbuzim (Mehrzahl eines Kibbuz) sind im Süden Israels an der Grenze zum Gazastreifen beheimatet.
Hier gibt es Kibbuzim bereits seit über 100 Jahren – noch vor der Staatsgründung Israels. Als Anfang des 20. Jahrhunderts Zehntausende europäische Juden nach Palästina ins Gelobte Land zogen, verwirklichten sich viele jüdische Bauernkollektive in den Kibbuzim ihre sozialistischen Vorstellungen von Freiheit und Gleichheit. Ziel der Bewegung war die Vorstellung eines jüdischen Arbeiterstaates und die Errichtung einer klassenlosen Gesellschaft, in der Eigentum gemeinschaftlich verteilt wird.
Im Kibbuzim ist die Versammlung die höchste Instanz. Hier wird diskutiert, bis ein gemeinsamer Konsens erreicht ist. Die Bedürfnisse des Einzelnen werden von der Kommune gedeckt und das alltägliche Leben vom Kollektiv organisiert. Auch die Produktionsmittel gehören der Gemeinschaft an.
Insgesamt spielt Gleichheit eine große Rolle in den Kommunen. Weibliche Mitglieder von Kibbuzim erhalten sogar Förderungen, um ökologische und soziale Gleichheit herzustellen. Die Kinder werden von allen Mitgliedern der Gemeinschaft erzogen. Je nach Ausrichtung gibt es säkulare und religiöse Kibbuzim, die jüdische Traditionen unterschiedlich stark ausleben.
Zwei Prozent der israelischen Bevölkerung wohnt im Kibbuz
Die Kibbuzim spielten vor allem in der Gründungszeit des Staates Israel um das Jahr 1948 eine tragende Rolle. Damals stellen die Kibbuzniks die Stützen der neuen Gesellschaft. Sie liefern einen überproportionalen Anteil der politischen Elite und des hohen Militärs. Ein Drittel der ersten Regierung und mehr als ein Fünftel des ersten Parlaments kam aus den Kibbuzim. Kurz darauf fiel die Idee des Kollektivs allerdings der Verbürgerlichung zum Opfer.
Aus den eher einfachen Kibbuzim entwickelten sich schon bald Dörfer mit stabiler Infrastruktur, Geschäften, Schulen und Privateigentum. Ein Großteil der Kibbuzim sind inzwischen privatisiert, trotzdem werden hier immer noch erhebliche Anteile von Israels landwirtschaftlichen Erträgen produziert.

In den meisten Kibbuzim wohnten um die 400 Menschen, vereinzelnd kann sich die Zahl aber auch auf bis zu 800 Einwohner erhöhen. Heutzutage leben nur noch etwa 1,8 Prozent der israelischen Bevölkerung in einem der rund 270 Kibbuzim – insgesamt etwa 180.000 Menschen.
Quellen: Deutsche Welle, GEO Epoche, RND