Eine interne Untersuchung der israelischen Armee über ihre Rolle bei dem Massaker palästinensischer Terroristen am 7. Oktober in einem Kibbuz räumt das Scheitern des Militärs ein. "Die Untersuchungskommission stellt fest, dass die israelischen Streitkräfte bei ihrem Auftrag, die Bewohner des Kibbuz Be’eri zu schützen, versagt haben", heißt es in dem veröffentlichten Bericht. Zuvor war der Report den dortigen Bewohnern vorgelegt worden, die sich damit aber nicht zufriedengaben und zusätzlich die Einsetzung einer Untersuchungskommission der Regierung forderten.
Terroristen der Hamas und anderer Gruppen aus dem Gazastreifen hatten am 7. Oktober mehrere Kibbuzim, Dörfer und Städte sowie ein Musikfestival im Süden Israels überfallen. Dabei töteten sie mehr als 1200 Menschen und verschleppten weitere 250 als Geiseln nach Gaza. Die israelischen Sicherheitskräfte sowie die politischen Entscheidungsträger hatten sich an dem Tag des schlimmsten Massakers an Juden seit dem Holocaust als völlig überrumpelt gezeigt.
Allein im Kibbuz Be’eri nahe an der Gaza-Grenze töteten die Terroristen 101 Zivilisten. Weitere 30 verschleppten sie in den Gazastreifen, 11 von ihnen befinden sich immer noch in der Gewalt der Hamas. 31 Angehörige von Sicherheitskräften fielen in den Kämpfen mit den mörderischen Eindringlingen.
Israels Armee nicht auf Angriff der Hamas gefasst
Die Armee sei "nicht auf das Szenario einer massiven Infiltration wie am 7. Oktober vorbereitet" gewesen, schlussfolgern die Autoren. Sie räumen auch "mangelnde Koordination" der Truppen vor Ort ein.
Wer verfolgt im Nahen Osten eigentlich welches Ziel?

gelb – Länder mit normalisierten Beziehungen zu Israel (Unterzeichner des sogenannten Abraham-Abkommens)
gelb-grau schraffiert – bisher auf Annäherungskurs zu Israel
ocker – Länder mit lange bestehenden Friedensverträgen mit Israel
grün-grau schraffiert – unter starkem Einfluss proiranischer Kräfte
Es sei wichtig, "dass die Armee die Verantwortung für ihr völliges Versagen, uns zu schützen", übernommen habe, erklärte der Kibbuz. Die Gemeinschaft forderte die Einrichtung einer Regierungskommission, damit sich "der unglaubliche Verlust" des Kibbuz nicht wiederholen könne.
Soldaten warteten vor Kibbuz Be’eri
Der Kibbuz verwies auf einige im Bericht fehlende Antworten – etwa auf die Frage, warum die vor dem Kibbuz stationierten Soldaten stundenlang nicht gegen die Hamas-Kämpfer vorgegangen seien, während "der Kibbuz brannte und seine Bewohner um Hilfe bettelten".
Armeesprecher Daniel Hagari räumte am Donnerstagabend in einer im Fernsehen übertragenen Ansprache ein, dass die Bewohner Be’eris "während sieben Stunden alleine kämpfen" mussten. So bestätigte er Zeugenaussagen über Hunderte untätiger, auf Befehle wartender Soldaten.
Bericht lobt Verteidiger des Kibbuz
Der interne Armeebericht lobt den Mut der Kibbuz-Bewohner und ihres Sicherheitsdienstes. Ihr Einsatz sei entscheidend gewesen, um "die Situation in den ersten Stunden des Kampfes zu stabilisieren und die Ausweitung des Angriffs auf weitere Teile des Kibbuz abzuwenden".
Das beispiellose Massaker der islamistischen Hamas und ihrer Verbündeten war Auslöser des Gazakrieges. Überlebende des Kibbuz Be’eri begrüßten den Bericht, kritisierten aber zugleich dessen Einengung auf die Rolle der Armee. Vielmehr gehe es auch darum, die Verantwortung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zu klären. Dieser weigerte sich bisher beharrlich, Rechenschaft über mögliche eigene Versäumnisse abzulegen.