Frau Wissler, wie oft haben Sie in den vergangenen drei Jahren an Rücktritt gedacht?
Klar gab es Momente, in denen ich dachte: Mir wächst das über den Kopf, die öffentlichen Streitigkeiten, dass man ständig mit innerparteilichen Konflikten beschäftigt war, statt inhaltlich zu arbeiten. An Rücktritt habe ich aber nie ernsthaft gedacht.
Erstaunlich. In Ihrer Zeit als Parteichefin ist die Linke in ihre größte Krise geschlittert. Ihre Bundestagsfraktion ist zerbrochen, Ihre prominenteste Gegnerin hat eine eigene Partei gegründet.
Dieser Konflikt hat nicht mit meiner Wahl zur Parteivorsitzenden begonnen, sondern schon Jahre vorher. Die Partei hat mich 2022 im Amt bestätigt, das ist eine Ehre und eine Verpflichtung.
Als die übrig gebliebene Resttruppe der Linken im Bundestag kürzlich einen neuen Vorstand wählte, konnten sich Ihre Kandidaten nicht durchsetzen. Sind Sie eine Parteichefin auf Abruf?
Wir haben für eine breit getragene Aufstellung geworben, aber gar keinen konkreten Personalvorschlag gemacht. Es gab drei gute Kandidierende für den Vorsitz. Wir werden jetzt gemeinsam mit den beiden neuen Gruppenvorsitzenden alles daransetzen, die Linke wieder stark zu machen.
Wie sehr hat Ihnen der Dauerzoff in der Partei körperlich zugesetzt?
Ich habe glücklicherweise eine ganz gute Konstitution. Aber natürlich hinterlässt es Spuren, wenn man öffentlich aus der eigenen Partei angegriffen wird und wochenlang keinen freien Tag hat. Körperlich zugesetzt hat mir aber weniger die Partei als etwas Pech im Persönlichen. Wegen eines Wasserschadens in meiner Wohnung lebe ich seit letztem Sommer aus Reisetaschen bei Freunden und in Hotels, das schlaucht wirklich sehr. Und das, nachdem ich schon zu Beginn der Legislatur wochenlang mit einer größeren Verletzung nach einem Überfall zu tun hatte.