SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier hält trotz seiner Kritik an der Großen Koalition eine Neuauflage des Bündnisses mit der Union für vertretbar. "Die Zusammenarbeit zwischen demokratischen Parteien darf in einer Demokratie kein Unglück sein", sagte Steinmeier am Dienstag in einem Interview mit dem Norddeutschen Rundfunk. Die SPD sei in der Großen Koalition allerdings unter ihren Möglichkeiten geblieben. So hätten die Sozialdemokraten weitergehende Maßnahmen gegen die Finanzkrise befürwortet. Außerdem würden durch eine Große Koalition die Extreme gestärkt. Langfristig könne dadurch die Demokratie destabilisiert werden, warnte Steinmeier.
Steinmeier genervt von Festlegung der FDP
Nach Umfragen und den Koalitionsaussagen der anderen Parteien dürfte eine Fortsetzung der Großen Koalition die einzige Möglichkeit für die SPD sein, an der Regierung zu bleiben. Das von Steinmeier bekräftigte Wunschbündnis mit den Grünen hat nach Umfragen keine Chance bei der Bundestagswahl am Sonntag, und eine von der SPD in Erwägung gezogene Ampelkoalition mit Grünen und FDP haben die Liberalen ausgeschlossen.
Die Festlegung der FDP auf eine schwarz-gelbe Koalition kritisierte Steinmeier heftig. "Mich nervt dieses ganze taktische Verhalten im Vorfeld von Wahltagen", sagte er dem NDR. Ob die Absage an eine Ampelkoalition das letzte Wort sei, "wollen wir mal sehen", so der Kanzlerkandidat. Er halte die Festlegung für "demokratisch nicht sehr reif".
Steinbrück war vorgeprescht
Vor Steinmeier hatte bereits Finanzminister und Partei-Vize Peer Steinbrück die Große Koalition als "kein Unglück für Deutschland" bezeichnet und damit für großen Unmut bei den anderen Parteien gesorgt. Für die SPD gehe es darum, "Schwarz-Gelb zu verhindern, also geht es für die SPD darum, sich in dieser (Großen) Koalition wiederzufinden", sagte Steinbrück vor einer Woche während einer von stern.de aufgezeichneten Diskussionsrunde in Hamburg. Zwischen SPD und Union gebe es angesichts der Wirtschafts- und Finanzkrise "mehr denn je" Gemeinsamkeiten, die die Fortsetzung des Bündnisses rechtfertigten. "Ich erachte die Risiken für SPD in der Opposition für viel größer - auch durch einen Überbietungswettbewerb durch die Linkspartei", hatte der Finanzminister gesagt.
Mit Blick auf die Linkspartei bekräftigte Steinmeier das Wahlprogramm der SPD, in dem sowohl eine Koalition als auch die Tolerierung einer SPD-geführten Minderheitsregierung durch die Linkspartei für die gesamte Legislaturperiode ausgeschlossen wird. Mit Blick auf die Differenzen etwa in der Außenpolitik sagte er dem NDR: "Solange sich da nichts verändert, wird man Koalitionen zu Regierungszwecken jedenfalls nicht machen können."