Gefährliche Strategie Wie Demokraten Trump-Unterstützern zum Sieg bei den Vorwahlen verhelfen

Peter Meijer
Peter Meijer verkörpert alles, was Demokraten an einem moderaten Republikaner wertschätzen. Unterstützung erhält allerdings sein Gegner John Gibbs.
© Jeff Kowalsky / AFP
Das Rennen um die republikanische Kandidatur im Bundesstaat Michigan zeigt, wie die Demokraten bei den Midterms im November erfolgreich sein wollen. Um an der Macht zu bleiben, unterstützen sie ihre politischen Gegner. 

Die Midterm Elections im November könnten für die regierenden Demokraten ein böses Erwachen bedeuten. Die hohe Inflation sowie die niedrigen Zustimmungswerte für US-Präsident Joe Biden scheinen der Republikanischen Partei in die Karten zu spielen. Aus diesem Grund schalten sich die Demokraten in den letzten Wochen immer wieder in die Vorwahlen des politischen Gegners ein – und das mit einer äußerst ungewöhnlichen Herangehensweise. Statt moderate Kandidat:innen zu unterstützen, pumpt die Partei viel Geld in die Werbung für loyale Trump-Anhänger:innen und Rechtspopulist:innen. 

In kaum einem Rennen tritt diese Strategie offensichtlicher auf als in dem Wahlkampf zwischen Peter Meijer und John Gibbs um einen Platz im Repräsentantenhaus für den US-Bundesstaat Michigan. Peter Meijer steht vor dem Ende seiner ersten Amtszeit als Abgeordneter. Er gilt als moderat und hat als einer von nur elf republikanischen Abgeordneten im Repräsentantenhaus für ein Amtsenthebungsverfahren gegen den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump gestimmt.

Trotzdem schaltete das Democratic Congressional Campaign Committee kurz vor der Wahl am Mittwoch eine Werbekampagne im Wert von 425.000 US-Dollar, die Meijers Kontrahent Gibbs als wahren Republikaner darstellte. Der extrem rechte Trump-Unterstützer Gibbs diente in der Trump-Legislatur als Mitarbeiter von Ben Carson, der das Wohnungsbau- und Stadtentwicklungsministerium leitete. In dieser Zeit fiel Gibbs immer wieder mit Verschwörungsmythen und Hetze gegen die Demokraten in den sozialen Medien auf. 

Republikaner Meijer kritisiert Demokratische Partei

Wieso wird Gibbs nun also von genau dieser Partei unterstützt – und das mit einer Summe, die er in seinem gesamten Wahlkampf nicht einsammeln konnte? Es scheint, als würde sich die Demokratische Partei bei den Wahlen im November besonders in den so wichtigen Swing States keine guten Chancen ausrechnen. Während viele Wahlbezirke und Bundesstaaten traditionell eindeutig einem der beiden politischen Lager zugerechnet werden können, zeichnet Swing States wie Michigan aus, dass sie sich in der Vergangenheit sowohl für die eine als auch für die andere Partei entschieden haben. Die Wähler:innen befinden sich dementsprechend größtenteils nicht an einem der politischen Ränder sondern in der moderaten Mitte wieder. Wenn also ein gemäßigter Demokrat gegen einen extrem rechten Trump-Unterstützer antritt, erhofft sich die Partei bessere Aussichten für den Wahlausgang bei den Midterms. Ein wahrscheinlich ausgeglichenes Rennen gegen den moderaten Peter Meijer wird durch diese Strategie versucht zu verhindern. Der konservativere Kandidat John Gibbs gilt als deutlich leichterer Gegner, nicht zuletzt aufgrund der deutlicheren Abgrenzung zur demokratischen Herausforderin Hillary Scholten.

Die Einmischung in den innerparteilichen Wahlkampf der Republikaner durch das Democratic Congressional Campaign Committee ist nicht nur einigen politischen Beobachter:innen ein Dorn im Auge, sondern auch Peter Meijer selbst. "Man würde denken, dass Demokraten in John Gibbs die Verkörperung von allem sehen, was ihnen am meisten Angst bereitet", schrieb Meijer in einem Gastbeitrag auf dem Blog "Common Sense" unmittelbar vor der Wahl. "Als Patrioten sollten sie alle ihnen zur Verfügung stehenden Mittel nutzen, um ihn und ähnliche Kandidaten zu verhindern. Stattdessen finanzieren sie Gibbs."

Demokraten unterstützen rechte Kandidaten in mehreren Staaten

In gut einem Dutzend Wahlkämpfe in den Swing States haben die Demokraten im Repräsentantenhaus diese Vorgehensweise in den letzten Wochen eingesetzt. Neben John Gibbs unterstützten sie beispielsweise auch die extrem konservativen Kandidaten Chris Mathys in Kalifornien, Darren Bailey in Illinois, Greg Lopez in Colorado und Dan Cox in Maryland. Die Message ist dabei immer ähnlich: Die Kandidaten wären "zu konservativ" und würden zurück in eine Trump-Ära führen. Aussagen, die kritisch formuliert sind, bei Republikaner:innen allerdings vielerorts Anklang finden.

Neu ist diese Form der politischen Kommunikation nicht. Bereits 2012 nutzte die moderate Demokratin Claire McCaskill aus dem Bundesstaat Missouri eine ähnliche Wahlwerbung, um den extrem konservativen Todd Akin als ihren Kontrahenten zu pushen. Der Plan ging auf: Akin gewann die Vorwahlen seiner Partei, leistete sich einen Skandal im Wahlkampf und verlor mit großem Abstand gegen McCaskill – und das obwohl Barack Obama bei der Präsidentschaftswahl im selben Jahr in Missouri scheiterte.

Aufgrund dieser positiven Erfahrung scheinen die Demokraten auch kein unmoralisches Fehlverhalten feststellen zu können. Innerhalb der Partei scheint man sich der Kritik zwar bewusst zu sein, schreibt Reporter Jonathan Weisman in der "New York Times". Allerdings seien dies Rennen, bei denen man sich bei den Wahlen im November gute Chancen ausrechnet. Für grundlegende Visionen einer idealen Demokratie sei man nicht bereit, diese Sitze aufzugeben.

Vorgehen birgt großes Risiko 

Risikoreich ist das Vorgehen natürlich trotzdem. In einigen Rennen scheint sich die Unterstützung gelohnt zu haben. Der loyale Trump-Anhänger Darren Bailey konnte die Vorwahlen in Illinois zwar für sich entscheiden, gilt aber als aussichtslos im Rennen gegen seinen demokratischen Kontrahenten. In Kalifornien konnte sich der moderate Republikaner David Valadao trotz demokratischer Unterstützung für den Pro-Trump-Kontrahenten Chris Mathys die Kandidatur sichern. In Pennsylvania scheint die Strategie derweil zu gut aufgegangen zu sein. Der demokratische Amtsinhaber Josh Shapiro entschied sich, den Trump-Fan und Verschwörungstheoretiker Doug Mastriano zu unterstützen. Inzwischen zeigen Umfragen, dass ihm dieser bei den Midterms gefährlich werden könnte. Die Prognosen sagen ein sehr knappes Rennen voraus.

Der moderate Peter Meijer hingegen verlor sein Rennen in Michigan am Mittwochabend. Er ist bereits der zweite Republikaner, der für ein Amtsenthebungsverfahren Donald Trumps stimmte und von seiner Partei nicht erneut aufgestellt wird. Gewinner John Gibbs gilt als Underdog gegen die Demokratin Hillary Scholten.