Fluggesellschaft Ende einer Ära - so lief der letzte Flug von Air Berlin

Verkauf an Lufthansa: Von Mallorca bis Abu Dhabi: Aufstieg und Niedergang der Air Berlin
Rot-Weiße Flugzeuge, Palma de Mallorca und Jahr für Jahr Millionenverluste. Air Berlin kennt in Deutschland fast jeder. Das liegt nicht nur an Palma – sondern auch an der turbulenten Unternehmensgeschichte.
 

Die Gründerjahre


Gegründet wird die Fluggesellschaft im Juli 1978 vom US-Piloten Kim Lundgren. Als US-Gesellschaft, denn nur diese dürfen Westberlin anfliegen. Der Erstflug führt von Berlin nach Palma de Mallorca – mit einer Boeing 707.

 

Der Aufschwung


Nach der deutschen Einheit wird Air Berlin zur GmbH – und Joachim Hunold steigt als Mehrheitseigner ein. Die Airline ist als Ferienflieger unterwegs, transportiert deutsche Pauschalurlauber vor allem ans Mittelmeer. 1998 steigt Air Berlin mit dem „Mallorca Shuttle“ ins Liniengeschäft ein und wird zum Marktführer am Ballermann. 2002 folgt mit dem „City Shuttle“ der Einstieg in den europäischen Low-Cost-Markt. Hunolds Erfolgskonzept: Günstige Regionalflughäfen und – dank Subunternehmen und fehlender Gewerkschaften - günstiges Personal.
 

Die Expansion


Air Berlin ist erfolgreicher Ferien- und Billigflieger, doch dabei soll es nicht bleiben. 2004 beteiligt sich die Airline an Niki und eröffnet sich damit den österreichischen Markt. Der Börsengang im Mai 2006 liefert frisches Kapital für weitere Expansionen.
Obwohl der Ausgabepreis der Aktie kurzfristig nach unten korrigiert werden muss.
Mit der Übernahme der dba im August 2006 kommt ein innerdeutsches Streckennetz dazu. So findet auch das Schokoherz seinen Weg an Bord der Air-Berlin-Flieger. Im März 2007 übernimmt die Airline zudem die Düsseldorfer LTU. Air Berlin steigt damit in den Langstreckenmarkt ein – und bekommt gewerkschaftlich stark organisierte Mitarbeiter.

Für viele Experten ist diese schnelle Expansion der Knackpunkt. Air Berlin will alles sein: Billig-, Charter- und Linienfluggesellschaft in einem. Dazu fliegt die Airline eine sehr diverse Flotte – und bestellt trotzdem 15 nagelneue Boeing-Dreamliner. Im Oktober 2009 übernimmt Air Berlin das Städte-Netz der Tuifly, samt langfristiger und teurer Leasingverträge.
 

Der Niedergang


Bis 2011 bleibt Hunold im Amt, dann übernimmt Ex-Bahn-Chef Hartmut Mehdorn als Sanierer. Mehdorns Rettungsplan setzt voll auf den neuen Berliner Flughafen als Drehkreuz – ein Fehler. Weil Etihad Airlines aus Abu Dhabi als solventer Geldgeber einsteigt, kann Air Berlin trotz Millionenverlusten weiterfliegen.Wechselnde Chefs und immer neue Sparprogramme prägen seither das Bild. Der letzte Rettungsversuch: Ein Teil der Flotte wird 2016 an die Lufthansa verleast. Auch das Chartergeschäft soll ausgegliedert werden.
Doch die Pläne können nur teilweise umgesetzt werden. Im August 2017 verliert Großaktionär Etihad die Geduld. Air Berlin muss beim Amtsgericht Berlin-Charlottenburg Insolvenz anmelden. Am 15. Oktober stellt die Airline alle Langstreckenflüge ein. Die restlichen Flüge unter "AB"-Flugnummer folgen zwei Wochen später.

Lufthansa übernimmt per Kaufvertrag schließlich 81 Jets und 3000 Mitarbeiter. Das Ende eines jahrelangen Siechtums.
Mit einiger Verspätung landete der letzte Air-Berlin-Flug am Freitagabend in der Hauptstadt. Grund ist unter anderem die ungewöhnliche Abschiedszeremonie vor dem Start in München.

Ein letztes Mal "Willkommen an Bord", ein letztes Mal Schokoladenherzen - der Abschied von der insolventen Fluggesellschaft Air Berlin fiel außergewöhnlich emotional aus. Um 21.35 Uhr sollte Flug AB6210 (mit dem zusätzlichen Rufzeichen BER4EVR) vom Münchener Franz-Josef-Strauß-Flughafen starten, doch erst rund eine Stunde später hob der Airbus A320 dann tatsächlich ab - sauer dürften die meisten Fluggäste deswegen nicht gewesen sein.

Der Grund für die Verspätung waren die bewegenden Abschiedsszenen auf dem Vorfeld des Flughafens in der bayrischen Landeshauptstadt: Dutzende Mitarbeiter vom Bodenpersonal versammelten sich vor der Maschine, um noch ein letztes Erinnerungsfoto an fast 40 Jahre Luftfahrtgeschichte zu schießen. Die Passagiere durften mit Edding-Stiften ihre letzten Grüße für die einst zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft an die Außenhaut des Airbus schreiben. 

Dutzende Mitarbeiter des Bodenpersonals versammelten sich in München, um den letzten Abflug einer Air-Berlin-Maschine zu sehen
"Die Airline mit Herz sagt Tschüss." - Dutzende Mitarbeiter des Bodenpersonals versammelten sich in München, um den letzten Abflug einer Air-Berlin-Maschine zu sehen.
© Christof Stache/AFP
Passagiere und Crew konnten Abschiedsgrüße auf die Außenhaut des Airbus schreiben
Passagiere und Crew konnten Abschiedsgrüße auf die Außenhaut des Airbus schreiben
© Andreas Gebert/GETTY IMAGES

Laut "Berliner Morgenpost" wurden die letzten Kunden der Airline vor dem Start aufgefordert, gemeinsam mit der Crew den Unternehmenssong zu singen und mit ihren Handys aus den Flugzeugfenstern zu leuchten. Als die Maschine losrollte, verabschiedete die Flughafenfeuerwehr den Flieger mit Wasserfontänen.

Letzter Air-Berlin-Flug drehte eine Ehrenrunde

Der Pilot des letzten Air-Berlin-Flugs flog über Berlin eine Abschiedsrunde, auf der Plattform Flightradar24 ist zu sehen, dass die Maschine in Herzform über der Hauptstadt kreiste. Ein Durchstartmanöver gab es nicht, stattdessen fuhr die Airbus noch eine Runde über das Flughafengelände. An Bord sei das Lied "Time To Say Goodbye" gespielt worden, berichtete ein Passagier auf Twitter. Auch in Berlin versprühte die Feuerwehr Wasser aus ihren Löschkanonen, von gleich vier Fahrzeugen aus.

Auf der Besucherterrasse des Flughafens in Tegel versammelten sich Tausende Schaulustige, auf dem hell erleuchteten Vorfeld nahmen Hunderte Flughafenmitarbeiter den Jet begeistert und wehmütig in Empfang. Eine Air-Berlin-Pilotin kommentierte die Aktion im Rundfunk Berlin-Brandenburg: "So etwas habe ich noch nie gesehen, das ist wunderschön. Aber auch sehr traurig."

Um kurz nach Mitternacht stellte die Cockpitcrew ein letztes Mal die Triebwerke ab.

Die Airline der (Schoko-)herzen ist Geschichte.

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