Es klingt wie eine absurde Filmszene: Tief in der Nacht wandert jemand heimlich mit einer Axt ausgerüstet auf idyllische Berggipfel, holt aus - und hackt drauf los. Sein Ziel: Holzkreuze. Was zunächst aussah, als hätte sich ein hungriger Biber am Pfahl zu schaffen gemacht, stellt sich als dritter Fall einer Zerstörungsserie heraus. Das Kreuz auf dem Schafreiter bei Lenggries in Bayern wurde Ende August so stark beschädigt, dass es aus Sicherheitsgründen entfernt werden musste. Die Polizei vermutet eine Art Protest-Aktion gegen religiöse Symbole.
Doch damit nicht genug - eine Woche später steht an derselben Stelle auf dem 2102 Meter hohen Berg an der Grenze zu Tirol plötzlich ein neues Kreuz. Angeblich haben es Rechtsextreme der "Identitären Bewegung" heraufgetragen, deren Sprecher die "Bild"-Zeitung (Online-Ausgabe vom Dienstag) mit folgenden Worten zitiert: "Aktivisten haben sich dazu entschlossen, das Kreuz wieder aufzustellen. Als eine Art symbolischer Akt." Auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur reagiert die Gruppierung zunächst nicht.
Zuerst hatte die "Süddeutsche Zeitung" darüber berichtet.
Gipfelkreuz ist Tradition
Das ganze Hin und Her auf bayerischen Alpenhöhen gipfelt in einer Grundsatzdebatte um die Frage: Gehören religiöse Symbole überhaupt auf Berge? Für den Deutschen Alpenverein (DAV) definitiv: "Für uns ist es eine Selbstverständlichkeit, da die Alpen sowohl Natur- als auch Kulturlandschaft sind", sagt Sprecher Thomas Bucher. Und zur Kultur gehöre nun mal traditionell das Gipfelkreuz.
Seinen Ursprung habe das Gipfelkreuz jedoch in der Religion, sagt Bucher. Gipfel seien durch ihre Nähe zum Himmel schon immer ein naheliegender Standort gewesen. "Im Himalaya haben sie ihre Gebetsfahnen, wir haben Kreuze." Mit dem Alpinismus begann das Kreuzaufstellen, viele seien erst nach dem Zweiten Weltkrieg von Kriegsheimkehrern oder zum Andenken an Gefallene angebracht worden, sagt Bucher. Das erste dem DAV bekannte Kreuz stand 1799 auf dem Großglockner in Österreich.
Volkskundler Michael Ritter sieht das ähnlich: "Ich denke, Gipfelkreuze haben ihre Berechtigung", sagte er dem "Münchner Merkur" (Dienstag). "Das sind Denkmäler unserer Kultur." In der aktuellen Debatte sehe er jedoch das Thema zu sehr auf die religiöse Bedeutung fokussiert. Dabei gebe es weitere Funktionen wie Orientierungspunkte, Grenzmarkierungen oder Hoheitsansprüche. Die Kreuze seien im 19. Jahrhundert vor allem als "Ausdruck dafür, dass der Bergsteiger den Berg bezwungen hat", aufgestellt worden.
Reinhold Messner könnte auf Gipfelkreuze verzichten
Der Extrembergsteiger Reinhold Messner sieht die traditionelle Notwendigkeit des Gipfelkreuzes nicht. "Ich könnte persönlich auf weitere Gipfelkreuze verzichten", sagte er in einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" (31. August). "Man sollte die Berge nicht zu religiösen Zwecken möblieren." Trotzdem würde er "nie eines entsorgen". Kreuze abzuhacken sei Vandalismus.
Doch trotz der vielen Gipfelkreuz-Befürworter bereitet nun die offenbar von Rechtsextremen vereinnahmte Aufstellaktion Unbehagen: Ein Zeuge sagte der "Süddeutschen Zeitung" über das neue Kreuz auf dem Schafreiter: "Das geht doch nicht, dass Rechte ein Kreuz auf einem Gipfel aufrichten und es dann dort steht." Das wird es langfristig auch nicht. Der DAV will es im Oktober durch ein robusteres ersetzen.
Wer hat die Kreuze beschädigt?
Insgesamt sind bei der Zerstörungsserie drei Kreuze beschädigt worden: Neben dem Fall auf dem Schafreiter wurde im Juli eines auf dem Prinzkopf abgehackt, ein weiteres laut DAV an Pfingsten an der Dudlalm im Längental. Bisher ist nicht bekannt, wer sich so tatkräftig gegen die Symbole wehrt, die Polizei geht jedoch zumindest bei den Fällen auf dem Prinzkopf und Schafreiter von demselben Mann aus. Die Polizei hofft jedenfalls, dass die Serie ein Ende nimmt - und ermittelt weiter wegen Sachbeschädigung.
Der Berg ruft! Das sind die himmlischsten Alpenwanderungen

170 km, 10 Etappen
Route: Man muss ja nicht unbedingt auf den Montblanc – man kann ihn auch umrunden. Das ist aber nicht minder anstrengend. Die Tour du Mont Blanc ermöglicht es, den höchsten Gipfel der Alpen von allen Seiten zu bestaunen. Auf dieser imposanten Trekkingtour überquert man 13 Pässe, durchwandert sieben Täler und kommt in drei Länder: Frankreich, Italien und die Schweiz. Und man muss fast 10.000 Höhenmeter überwinden, der höchste Punkt liegt auf 2600 Metern. Der Genuss kommt aber nicht zu kurz, es ist genug Zeit, unterwegs italienischen Kaffee, Walliser Käse und französische Tarte zu kosten.
Start und Ziel: Les Houches (F)
Anforderungen: Das alpine Gelände setzt Trittsicherheit voraus. Der anspruchsvolle Part auf Schweizer Seite über das Fenêtre d’Arpette und eine klettersteigähnliche Passage an der Aiguillette d’Argentière können umgangen werden.
Infos: www.autourdumontblanc.com