Der Reeder Albert Ballin machte 1891 aus der der Not eine Tugend: Das erst 33-jährige Vorstandsmitglied der Hamburg-Amerikanischen Paketfahrt-Actien-Gesellschaft (Hapag) wollte seinen größten Passagierdampfer, die "Augusta Victoria", nicht einfach im Winter auf Reede dümpeln lassen. Denn während der stürmischen Winterwochen war an Transatlantikpassagen nicht zu denken. So kam Ballin auf die bahnbrechende Geschäftsidee, den "Doppelschrauben-Schnelldampfer" auf eine andere Art gewinnbringend einsetzen: auf einer "Vergnügungsreise" in wärmere Gefilde - nach Spanien, Italien, Griechenland und in den Vorderen Orient.
Als das seinerzeit größte deutsche Passagierschiff im Januar 1891 bei eisigen Temperaturen von Cuxhaven zu der 57-tägigen Mittelmeerfahrt aufbrach, wurde gleich zwei neue Kapitel des Reisens begründet: die Kreuzfahrt und die erste All-inclusive-Pauschalreise überhaupt.
An Bord befanden sich 241 Gäste, die von einer 245-köpfigen Crew umsorgt wurde - ein bis heute besonders luxuriöses Zahlenverhältnis von Personal und Passagieren. Die meisten Reisenden kamen aus Deutschland, England und den Vereinigten Staaten. Der Preis für ein Ticket betrug damals zwischen 1600 und 2400 Goldmark, was umgerechnet 28.000 bis 42.800 Euro entspricht.
Nur Privilegierte konnte sich die fast zweimonatige Reise leisten, die über Southampton, Gibraltar, Genua und das damalige Konstantinopel bis nach Jaffa und Alexandria und zurück nach Cuxhaven führte. Die Landausflüge in den 13 angelaufenen Häfen wurden von dem Pionier der Pauschalreise, dem Briten Thomas Cook organisiert.
"Wir verkaufen keine Kabine, sondern Erlebnisse, die einzigartig bleiben." Diesen Satz, der auch aus dem Munde des Kreuzfahrterfinders Ballin hätte stammen können, sagte Karl J. Pojer bei einer Veranstaltung zum 125. Geburtstag der ersten Kreuzfahrt in Hamburg.
Pojer leitet heute die Nachfolgeorganisation, die jüngst in Hapag Lloyd Cruises umbenannte Reederei. Mit ihren Luxuslinern "Europa" und "Europa 2" sowie den beiden Expeditionsschiffen "Hanseatic" und "Bremen" setzt die Hamburger Reederei die Tradition der "Bildungs- und Vergnügungsreise" des Kreuzfahrtvisionärs Albert Ballin im 21. Jahrhundert fort.