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Wegen Personalmangel Reisechaos in Großbritannien: Ryanair-Chef schlägt Militäreinsatz an Flughäfen vor

Warteschlange am Flughafen Manchester in Großbritannien
Eine Warteschlange am Flughafen Manchester: Ähnliche Szenen gibt es aktuell an fast allen Flughäfen in Großbritannien zu sehen.
© Peter Byrne / Picture Alliance
In Großbritannien leiden die Flughäfen an Personalmangel. Passagiere müssen stundenlang warten, Flüge werden kurzfristig gestrichen. Ähnliche Probleme könnten auch auf Deutschland zukommen.

Zu Beginn der Sommerzeit ist die Reiselust zurückgekehrt. Bereits in der vergangenen Woche gab es laut Eurocontrol, der europäischen Organisation zur Sicherung der Luftfahrt, an Europas Himmel wieder mehr als 28.100 Flüge am Tag, was knapp 86 Prozent des Vorkrisen-Niveaus entspricht. Luftfahrt und Tourismus stehen vor einem Neustart, der aufgrund von Personalmangel zur Nervenprobe wird. In Großbritannien ist das Reise-Chaos bereits eingetreten.

Stundenlanges Warten an Flughäfen in Großbritannien

In den vergangenen Tagen haben Passagiere stundenlang in Warteschlangen vor Sicherheitskontrollen und Schaltern stehen müssen, in der schottischen Hauptstadt Edinburgh reichte die Schlage vor dem Check-in zeitweise sogar bis auf die Straße vor dem Gebäude. Die Flugzeuge heben mit massiver Verspätung ab, etliche Flüge werden kurzfristig gestrichen. Einige Urlauber pendeln, in der Hoffnung auf einen Alternative, von Flughafen zu Flughafen – nur am Ende doch festzusitzen. Grund für die Probleme ist das Personal, das an allen Ecken fehlt. Von der Passagierkontrolle über die Flugzeugabfertigung bis hin zu den Flugbegleitern: In allen Bereichen mangelt es an Arbeitskräften, die sich in der Pandemie andere Jobs gesucht haben.

Regierung und Flugbranche machen sich in Großbritannien gegenseitig für das Chaos verantwortlich. "Trotz der Warnungen der Regierung haben die Anbieter Flüge und Urlaubsangebote deutlich überbucht im Vergleich zu dem, was sie liefern können", zitiert die "Welt" den britischen Verkehrsminister Grant Shapps. Airlines und Tourismusbranche werfen dagegen der Regierung vor, sie lange hängen gelassen zu haben. Die Branche habe gerade einmal ein paar Wochen Zeit gehabt, sich auf den Sommer vorzubereiten, nachdem die Reisebeschränkungen im März gefallen sind, hieß es vom Branchenverband Airlines UK. Zudem sei es derzeit fast unmöglich, Personal zu finden, sagte ein Vertreter der Gewerkschaft GMB der BBC.

Schlange am Check-in am Flughafen London-Gatwick
Lange Schlangen am Check-in am Flughafen London-Gatwick
© Stephen Jones / Picture Alliance

Die Zehntausend Entlassungen bei Fluggesellschaften, Bodenpersonal und Flugsicherheit zu kompensieren, sei kaum möglich. Auch, weil die Ausbildung von neuem Personal Zeit in Anspruch nimmt. Eine umfassende Einarbeitung und viele Sicherheitschecks dauern mehrere Wochen. Am Flughafen Manchester habe man beispielsweise Hunderte neue Beschäftige eingestellt, die jedoch noch nicht einsatzfähig sind. Der Brexit verschärft das Problem zusätzlich: EU-Bürger haben traditionell viele Jobs in Tourismus und Luftfahrt übernommen. Durch die neuen Zuwanderungsregeln fehlen diese Arbeitskräfte. Die Regierung lehnt es ab, spezielle Visa für Jobs in der Reisebranche auszustellen.

Ryanair-Chef schlägt Einsatz von Militär vor

Am Pfingstwochenende könnte die Lage an den britischen Flughäfen sich noch weiter zuspitzen. Frühjahrsferien und die Feiertage zum Platin-Jubiläum der Thronbesteigung der Queen werden zahlreiche Briten für einen Urlaub nutzen. Man rechnet mit zwei Millionen Auslandreisen und circa 19.000 Flügen. Der Chef des irischen Billigfliegers Ryanair hat eine ungewöhnliche Maßnahme vorgeschlagen: Aushilfen vom Militär. Die Streitkräfte dort einzusetzen, wie es an anderen Flughäfen gemacht werde, würde auf einen Schlag den Druck vom Flughafen-Sicherheitspersonal nehmen, sagte Michael O’Leary am Donnerstag dem Sender ITV.

Der Billigflieger Easyjet hingegen sieht sich gezwungen, Sitzplätze abzubauen. In der britischen Teilflotte wird in diesem Sommer bei sämtlichen Flugzeugen vom Typ Airbus A319 die hintere Sitzreihe ausgebaut. Sechs Sitzplätze weniger bedeuten, dass die Airline nach geltenden Sicherheitsschlüsseln für die verbliebenen 150 Passagiere nur noch drei statt bislang vier Flugbegleiter in der Kabine haben muss. Trotzdem hat die Airline angekündigt, bis einschließlich 6. Juni täglich 24 Flüge zu streichen.

Personalmangel als globale Krise

Obwohl sich der Personalmangel in Großbritannien aktuell besonders bemerkbar macht, kämpfen Flughäfen auf der ganzen Welt mit ähnlichen Problemen. Die Krise ist längst global, so dass sich auch der Airline-Verband Iata der Sache angenommen hat. Er schlägt global einheitliche Ausbildungsinhalte vor, damit Bodenpersonal wie Piloten überall auf der Welt eingesetzt werden könnten. Zudem müsse die Rekrutierung verbessert und die Sicherheitsüberprüfungen gestrafft werden.

Schlange von Passagieren am Flughafen Amsterdam
Der Flughafen Amsterdam-Schiphol hat Reisende bereits vor stundenlangem Warten gewarnt. Die Airline KLM hat den Verkauf von Tickets sogar vorübergehend eingestellt.
© ROBIN UTRECHT / Picture Alliance

In Deutschland schätzen die Flughafenbetriebsräte den zusätzlichen Bedarf auf 5500 Leute bundesweit. "Über alle Standorte hinweg fehlen den Dienstleistern, die an der Abfertigung der Passagiere beteiligt sind, rund 20 Prozent Bodenpersonal im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit. Das kann vor allem beim Check-in, beim Beladen der Koffer und in der Luftsicherheitskontrolle zu Engpässen in Spitzenzeiten führen", sagt der Hauptgeschäftsführer des Flughafenverbandes ADV, Ralph Beisel.

Quellen: Deutsche Presse-Agentur, "Die Welt"

lhi

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