Die Lokführergewerkschaft GDL will die Deutsche Bahn ab Mittwoch bestreiken. Zunächst werde ab Mittwoch 15 Uhr die Arbeit im Güterverkehr niedergelegt, teilte die Gewerkschaft am Dienstag mit. Ab Donnerstag 2 Uhr werde auch der Personenverkehr bestreikt. Der Ausstand ende in beiden Bereichen am Montag 4 Uhr.
Es ist der inzwischen sechste Streik im laufenden Tarifkonflikt und der längste seit Gründung der Deutschen Bahn AG im Jahr 1994.
Scharmützel zwischen Bahn und Weselsky
Die GDL begründete die geplante Arbeitsniederlegung mit der Weigerung der Bahn, über einen eigenständigen Tarifvertrag auch für Berufsgruppen zu verhandeln, die nicht Lokführer sind. "Wir wollen und müssen im Auftrag unserer Mitglieder verhandeln, egal ob diese als Lokführer, Zugbegleiter, Bordgastronomen, Disponenten, Ausbilder, Instruktoren oder Lokrangierführer in den Eisenbahnverkehrsunternehmen der DB arbeiten", erklärte GDL-Bundesvorsitzender Claus Weselsky. "Dieses Grundrecht ist in Gefahr und damit die Funktion von Gewerkschaften an sich."
Die Deutsche Bahn hatte wenige Stunden vor dem erneuten Streikaufruf der GDL "Verschwörungstheorien" vorgeworfen. "Falsche Behauptungen des GDL-Vorsitzenden Claus Weselsky werden durch ständiges Wiederholen nicht richtig", erklärte der Konzern. Es sei "frei erfunden", dass die Deutsche Bahn die Grundrechte der GDL beschneiden und sie einem Tarifdiktat unterwerfen wolle. Auch der Vorwurf, das Unternehmen würde die Streiks der Gewerkschaft provozieren, sei "besonders absurd".
Der Konzern forderte die GDL zugleich auf, ihre Mitgliederzahlen offenzulegen. Bei der Deutschen Bahn gebe es keine Berufsgruppe mit der Bezeichnung "Zugpersonal", dies sei eine von der GDL konstruierte Gruppierung mit einem "willkürlichen Zuschnitt aus mehreren Berufsgruppen". Bei den Zugbegleitern sei nicht die Mehrheit bei der GDL organisiert, betonte die Bahn.
Fünf Prozent mehr Lohn - und mehr Macht
Vordergründig geht es um die GDL-Forderung von fünf Prozent mehr Lohn im Jahr bei kürzeren Arbeitszeiten. Kern des Konflikts ist aber, dass die GDL dies nicht mehr allein für die 20.000 Lokführer fordert, sondern auch für rund 17.000 Zugbegleiter und Rangierführer. Die Vertretung dieser Gruppe beansprucht die größere Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) für sich. Konkurrierende Gehaltsabschlüsse lehnt die Bahn ab.
Und dabei stand die Einigung kurz bevor
Ein Einigungsversuch beider Seiten war am Sonntag gescheitert. Nach Darstellung der Bahn war eine Vereinbarung, wonach die GDL einen eigenständigen Tarifvertrag für Zugbegleiter erhalten sollte, am Sonntag fast schon unterschriftsreif.
Die GDL-Spitzengremien lehnten den Vorschlag jedoch ab. Letztlich wäre die Verhandlungsmacht für die Zugbegleiter bei der konkurrierenden Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) geblieben, lautete die Begründung.
Gesetz zur Tarifeinheit - ist auch keine Lösung
Die Lösung für den Tarifkonflikt wird auch das Gesetz zur Tarifeinheit nicht bringen. "Es mag Bereiche und Branchen geben, wo das Gesetz hilft, Konflikte zu befrieden, bei der Eisenbahn wird das nicht der Fall sein", sagte der Vorsitzende Alexander Kirchner der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG).
Auf dem Kleinen Gewerkschaftstag wurde das Nein zum Gesetzentwurf beschlossen. Der vorgesehene Begriff des "Betriebs" sei als Bezugsgröße für die Ermittlung von Mehrheiten viel zu klein gewählt, um ein Miteinander der Beschäftigten in einem Verbundunternehmen zu gewährleisten. Der Entwurf animiere vielmehr zum "Häuserkampf" um einzelne Betriebe. Statt die Betriebe zu stabilisieren, werde die Polarisierung noch verschärft.
Nahles will Tarifkämpfe kleiner Gewerkschaften wie derzeit bei der Bahn per Gesetz eindämmen. Einigen sich mehrere Gewerkschaften in einem Betrieb nicht, soll demzufolge nur noch der Tarifvertrag der Gewerkschaft mit den meisten Mitgliedern gelten.