Es soll ja Fußballfans in Deutschland geben, die haben von den WM-Feierlichkeiten im letzten Jahr immer noch Konfetti im Haar. Es ist spätestens jetzt an der Zeit, mit der groben Bürste durchzukämmen und sich den Realitäten zu stellen, die da lauten: Gegen Polen geht es um alles. Nun ja, fast um alles. Selbst wenn Löws Truppe verlieren sollte, ist noch nichts verloren, aber die Ausgangslage in der EM-Qualifikation wäre dann durchaus prekär. Und auch gegen Schottland am Montag muss ein Sieg her.
Jogi Löw jedenfalls gibt sich zu Beginn seines zehnten Amtsjahres konzentriert und hat den 83. Sieg als DFB-Chefcoach in der mit 48.500 Zuschauern ausverkauften Frankfurter Arena fest eingeplant. "Ich freue mich, dass es solche entscheidenden Spiele gibt. Das ist eine besondere Herausforderung", unterstrich Löw. Hier sind die Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Wie ist die Ausgangslage?
Vier Spieltage vor dem Ende liegt Deutschland (13 Punkte) in Gruppe D hinter Polen (14) und vor Schottland (11) auf Rang zwei. Der Weltmeister könnte sogar auf Rang drei zurückfallen, wenn die Schotten ihre Aufgabe in Georgien lösen sollten und Deutschland gegen Polen auch das Rückspiel verliert. Dann wäre die Partie der DFB-Elf am Montag in Glasgow schon ein kleines Endspiel.
Wer kommt weiter?
Der Gruppensieger und der Zweite buchen wie der beste Gruppen-Dritte ein Direktticket für die EM-Endrunde vom 10. Juni bis 10. Juli 2016 in Frankreich. Erstmals wird das Turnier mit 24 Mannschaften ausgetragen. Die weiteren Gruppen-Dritten spielen in zwei Playoff-Spielen im November die letzten vier Teilnehmer aus.
Wie sind die Polen in Form?
Das Team um Bayern-Stürmer Robert Lewandowski ist in der laufenden Qualifikation noch ungeschlagen. "Polen hat ein Hochgefühl, eine kleine Euphorie. Sie haben die große Chance, wieder bei einem Turnier dabei zu sein", sagte Löw: "Sie haben eine gute Harmonie, die Unterstützung der Fans und Freude am Spiel." Nur beim 2:2 gegen Schottland und beim 1:1 in Irland gab die Mannschaft von Trainer Adam Nawalka Punkte ab. "Wir wissen, dass wir auf einen Gegner treffen, der gefährlich ist. Und es keinen Selbstläufer geben wird", sagte Löw. "Unser Ziel ist ein Sieg", verkündete Nawalka.
Wer kann spielen?
Auf Offensiv-Trumpf Marco Reus muss Löw verzichten. Der
Dortmunder fällt mit einer angebrochenen Großzehe gegen Polen und
auch gegen Schottland aus. Vor allem Mario Götze, Thomas Müller und
Mesut Özil sollen nun für Torgefahr sorgen. Özil hatte zuletzt mit
Knieproblemen gekämpft, soll aber wieder fit sein. Auf der rechten
Verteidigerposition wird der Hoffenheimer Sebastian Rudy erwartet.
Wie lautet die Bilanz hier?
Das 0:2 im Hinspiel in Warschau war die erste deutsche Niederlage in einem Länderspiel gegen Polen. In den insgesamt 19 Vergleichen gab es ansonsten zwölf Siege für Deutschland, dazu sechs Unentschieden. "Das 0:2 liegt uns noch immer schwer im Magen", bemerkte Götze.
Wer macht die Tore?
In sechs Qualifikations-Partien hat Lewandowski schon
siebenmal für Polen getroffen. "Wenn man einen Mittelstürmer
beschreiben müsste, würde ich sagen, dass Lewi alles mitbringt. Er
ist eiskalt vor dem Tor", sagte sein Bayern-Kollege Götze. Der
Münchner Thomas Müller ist mit fünf Treffern der beste deutsche
Torschütze in der laufenden Ausscheidung. Der gebürtige Pole Lukas
Podolski hat im aktuellen DFB-Kader mit vier Treffern gegen die
Auswahl des Nachbar-Landes am häufigsten getroffen.
Gibt es Debütanten?
Der gebürtige Frankfurter Emre Can könnte als 76. Spieler in
der Ära Löw zu seinem Länderspiel-Debüt kommen. Der 21-Jährige vom FC Liverpool ist für Löw auch eine Alternative auf der rechten Abwehrseite. Beim FC Liverpool spielt Can im defensiven Mittelfeld.