Bahrain-GP Streiche Massa, setze Alonso

Von Elmar Brümmer, Bahrain
Die Formel 1 fährt am Sonntag jenseits aller Moral-Diskussionen auch noch ein richtiges Rennen. Der GP von Bahrain besitzt durchaus Brisanz. Und auch das Transfer-Karussell dreht sich schon wieder. Im Mittelpunkt: Fernando Alonso. Der pflegt bei Renault schon wieder jene Unzufriedenheit, an der im Vorjahr das McLaren-Team verzweifelte.

Nachdem die ersten beiden Rennen so gegensätzlich und zum Teil chaotisch verlaufen sind, werden die wahren Machtverhältnisse im Sandkasten von Sakhir vielleicht etwas klarer - obwohl auch diese Piste für Überraschungseffekte sorgen kann. Grundsätzlich aber wird der dritte WM-Lauf für einige Rennfahrer und Rennställe bereits zur Bewährungsprobe. Die bescheidensten, aber trotzdem diffizielen Wünsche pflegen Sebastian Vettel (ToroRosso), Timo Glock (Toyota) und Adrian Sutil (Force India): Sie wollen überhaupt mal ins Ziel kommen in diesem jungen Rennjahr. Nico Rosberg, noch Dritter im ersten Rennen, setzt dagegen "nur" auf Wiedergutmachung für den indiskutablen 14. Platz in Malaysia. In der Wüste wird sich zeigen, ob der Williams-Bolide wieder in Harmonie zu bringen ist. Tendenz bisher eher schwankend.

Hamilton reagiert allergisch

Das BMW-Team war innerhalb des Spitzentrios mit zwei zweiten Plätzen bisher die Konstante in Qualifikation und Rennen. Nach dem holprigen Start bei den Testfahrten zu Saisonbeginn ist der Optimismus bei Weiß-Blau nicht mehr besonders verhalten: Die Truppe ist auf dem Sprung. Motorsportdirektor Mario Theissen sieht sich vor allem McLaren-Mercedes auf den Fersen, Ferrari hingegen hat - in Normalform - hingegen gezeigt, dass der rote Planet ein eigenes Universum ist. Eine süddeutsche Konzern-Meisterschaft ist gut für den Sport, aber auch für die Publicity: Was bisher nur gegenseitige verbale Nadelstiche sind, wird sich schnell zu Seitenhieben auswachsen - je öfter sich die Silberpfeile und die bayrischen Rennwagen näher kommen.

Bei aller Betonung auf den Status "global player" zeigt die gewonnene Popularität von Nick Heidfeld, auf die der Mönchengladbacher so lange warten musste, was ein erfolgreicher deutscher Pilot für ein deutsches Team wert ist. Intern verspricht der Konkurrenzkampf bei beiden deutschstämmigen Teams auch herausfordernd zu werden: Robert Kubica ist hyperaktiv, wenn es am Status von Nick Heidfeld zu kratzen gilt. Bei McLaren-Mercedes ist der Finne Heikki Kovalainen, zunächst eher als Notlösung verpflichtet, auf einem ähnlichen Weg, Lewis Hamilton den Nummer-Eins-Status streitig zu machen. Ein finnisches Sonnenkind, der dem britischen Sonnyboy den Siegel vorhält: Darauf hat Hamilton zuletzt allergisch reagiert.

Für Renault besitzt Alonso den Status eines Wunderheilers

Überhaupt die Zweitbesetzungen: Felipe Massa redet sich in ein Mantra, wenn er in jedem zweiten Satz auf seinen Drei-Jahres-Vertrag hinweist. Aber der Ferrari-Adjudant von Weltmeister Kimi Räikkönen weiß, dass er nach zwei verkorksten Rennen und unerklärlichen Fahrfehlern dringend einen Erfolg braucht, um das Gerede über seine vorzeitige Ablösung verstummen zu lassen. Das Formtief des Brasilianers hat die Transferdiskussionen so früh wie nie aufkommen lassen.

Das genießt offenbar einer, der eigentlich einen Neuanfang an alter Stätte machen wollte: Fernando Alonso pflegt bei Renault schon wieder jene Unzufriedenheit, an der im Vorjahr er und das McLaren-Team verzweifelten. So schnell wie gedacht kann auch ein ehemaliger Weltmeister das französische Auto nicht flott machen. Anderthalb Sekunden pro Runde fehlen Renault auf die Spitze. Offiziell stellt sich Fernando Alonso als Kämpfer für die gute Sache dar: "Wir haben kein großes Problem, aber viele kleine. Es liegt an uns." Für Renault besitzt der Spanier den Status eines Wunderheilers, aber trotz des Rekordsalärs von kolportierten 28 Millionen Dollar, ist es eine widersprüchliche Loyalität, die der Chauffeur pflegt - und die an die Geschehnisse des Vorjahres erinnert.

Wie lange fährt Räikkönen noch?

Alonsos Aussagen, besonders in den spanischen Medien, sind zumindest widersprüchlich. Und sie machen den Eindruck, als ob er die Wechselgerüchte eigens anheizt - um einerseits seinen Marktwert zu erhöhen und andererseits Druck auf sein Team auszuüben. Nach dem geschenkten achten Platz von Malaysia im letzten Rennen hatte er eine Ausstiegsklausel im Zwei-Jahres-Vertrag mit Renault preisgegeben, falls die Leistungen des Werksrennstalls nicht den Erwartungen entsprechen sollten. "Damit habe ich immer die Möglichkeit, das beste Auto zu bekommen. Und es ist klar, dass der Ferrari eines der besten Autos ist." Schon war die gedankliche Brücke gebaut. Wie schön einfach wäre das: Streiche Massa, setze Alonso. Selbst wenn das momentan nur ins Rote getippt ist, beide Tauschpartner Drei-Jahres-Verträge besitzen und Nico Rosberg oder Sebastian Vettel ähnliche Ambitionen nachgesagt werden, bringt der zweifache Weltmeister wie gehabt reichlich Unruhe ins Geschehen. Zumal auch keiner weiß, wie lange Kimi Räikkönen tatsächlich weiter fahren will.

In Bahrain sah Alonso bei Renault plötzlich wieder genauso gute Chancen wie für Ferrari. Aber ein richtiges Dementi wurde es nicht: "Ich habe bei Renault für zwei Jahre unterschrieben. Wir haben ja auch im vergangenen Jahr gesehen, dass Verträge immer sehr flexibel gehandhabt werden können." Der Junge aus Oviedo gehört zu den kompliziertesten Charakteren unter den Vollgas-Artisten. Er ist zwar zurück bei Renault, aber noch nicht richtig angekommen.

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