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Formel 1 Das Déjà-Vu ist eine Zweckehe

Selten, dass in der Formel 1 auf Familie gemacht wird, meistens nur bei der Vorstellung eines neuen Fahrers. Vor allem, wenn dieser - wie heute bei Renault - ein alter Bekannter ist: Fernando Alonso will mit dem französischen Team zurück in eine bessere Zukunft starten.
Von Elmar Brümmer

Nach dem Rosenkrieg mit McLaren-Mercedes und Lewis Hamilton jetzt also die volle Dröhnung: Fernando Alonso meldet sich nach einem Entwöhnungsjahr in Silber wieder bei Renault zurück, dem Team, mit dem er 2005 und 2006 Formel-1-Weltmeister wurde. Der 26-Jährige wird mit ohrenbetäubender Musik und Lichtorgeln, die aus den Privatbeständen des Diskothekenbesitzers und Team-Chefs Flavio Briatore ("Billionnaire") stammen könnten, in der Konzernzentrale am Seineufer begrüßt. Licht aus, Spot an: Die Leute wollen einen Gewinner sehen, oder einen Racheengel - je nachdem.

"Willkommen zuhause, Fernando"

Der Blick des 26 Jahre alten Spaniers scheint entschlossener denn je, der Stolz ist ungebrochen, nur das Kinn ist etwas fülliger geworden. "Willkommen zuhause, Fernando", sagt der Moderator, und brav sagt Alonso auf: "Schön, wieder hier zu sein." Der oberste Renault-Lenker Carlos Ghosn erwartet ihn vor 500 Gästen im größten Saal des Hauses. Ghosn ist ein Mann der Zahlen, und was er an Verbindlichkeit übrig hat, formuliert sich so: "Flavio Briatore hat mir gesagt, dass unser dritter Platz in der Konstrukteurs-WM ein Desaster war. Dann haben wir jetzt nur noch zwei andere Plätze zur Auswahl. Einer von diesen beiden wäre mir lieber. Welcher? Da kommen sie selbst drauf..." Kleiner drohender Hinweis vom Chef: "Gewinnen hat bei uns Tradition..."

Rückkehr in die Kinderstube

Alonso, der mit dem vier Jahre jüngeren Brasilianer Nelson Piquet junior erneut auf einen ehrgeizigen Neuling im Team trifft, versucht mit Entspannungspolitik zu kontern: "Es war leicht für mich, mich wieder zurechtzufinden. Renault ist das Team, bei dem ich glücklich war." Für beide Seiten war das Entwöhnungsjahr 2007 nicht gut: Alonso wurde nach seinem Wechsel als WM-Dritter düpiert von Lewis Hamilton, Renault fiel von der Spitze auf die vierte Position zurück, nur die McLaren-Disqualifikation schönte das Bild um einen Rang. Das Déjà-vu ist eine Zweckehe. "Bei Renault bin ich erwachsen geworden", soufflierte der Heimkehrer Alonso nach dem Tauschgeschäft mit dem Finnen Heikki Kovalainen im Dezember, "hier will ich ein neues Kapitel aufschlagen". Schon wieder.

Schumachersche Dimensionen

Die Chancen, an der Spitze zu kämpfen, hält er für gut: "Die Weltmeisterschaft 2008 ist völlig offen. Die Leute reden über Ferrari und McLaren-Mercedes, aber das ist gut für uns. Wir konzentrieren uns jetzt darauf, dass kein Fehler im neuen Auto steckt, und dann werden wir unsere Form finden." An der Perspektive hat sich für Alonso grundsätzlich nichts geändert: "Ich bin Rennfahrer, und ich will Rennen gewinnen. Und ich weiß, dass dies auch von mir erwartet wird." 15 seiner 19 Grand Prix, und beide Titel hat er mit den Franzosen geholt, von denen er seit 2001 systematisch ausgebildet wurde. Drastisch anders sieht es nur auf dem Konto aus: Angeblich 30 Millionen Dollar bekommt er pro Jahr überwiesen, das sind Schumachersche Dimensionen. Und etwa das Fünffache, was er bei Renault bekommen hat, als er Weltmeister war. Zur Sicherheit soll der Kontrakt aber auch eine Ausstiegsklausel besitzen, falls die Erwartungen sich wieder nicht erfüllen sollten. Am Ende des Jahres kann Alonso entscheiden, ob er nicht mal mit Ferrari, Red Bull oder BMW pokern will.

David gegen Rot und Silber

Ein offenes Rennen, wie gesagt. Alonso ist jetzt beweispflichtig, dass er wirklich so gut ist, den neuen R 28 mit seinem auffälligen Dreifachflügel an der Fahrzeugnase um eine oder mehr Sekunden pro Runde schneller zu machen. Dem Sensibelchen hilft dabei die eingebaute Nummer eins, die er gegenüber Neuling Piquet besitzt. Er ist auch beweispflichtig, jetzt, wo alle seine Bedingungen erfüllt sind, denn der sportliche Machtkampf mit Lewis Hamilton und Kimi Räikkönen geht weiter. Allerdings kämpft er nun - was die Budgets und die Manpower der Teams angeht - in der Davidrolle gegen die Giganten in Rot und Silber. Es kommt daher umso mehr auf die Ideen der Ingenieure und die Motivation des Piloten an. Dass war 2005 und 2006 kaum anders, als er sich die WM-Krone sichern konnte. Nur zur Sicherheit wiederholen die Slogans der Multimedia-Show gebetsmühlenhaft immer ein Schlagwort: "Zusammen." Auch wenn das Miteinander bisher nur so ein Gefühl ist.

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