Bestechungsvorwürfe 1860-Boss Wildmoser verhaftet

Wegen Korruptionsverdachts im Zusammenhang mit dem Neubau des Münchner Fußballstadions ist 1860-Präsident Karl-Heinz Wildmoser verhaftet worden. Auch Räume des FC Bayern wurden durchsucht.

Beim Bau des neuen Münchner Fußballstadions "Allianz Arena" gibt es einen Bestechungsskandal. Nach umfangreichen Hausdurchsuchungen wurde der Präsident des Fußball-Bundesligisten TSV 1860 München, Karl-Heinz Wildmoser, am Dienstag verhaftet, wie das Bayerische Landeskriminalamt (LKA) mitteilte. Wildmoser soll nach Informationen des Bayerischen Rundfunks Details aus der Ausschreibung an die Baufirma, die dann den Zuschlag erhielt, weitergegeben und 2,8 Millionen Euro kassiert haben.

Insgesamt vier Festnahmen

"Ich bin erschüttert", sagte der Münchner Oberbürgermeister Christian Ude (SPD). Das Ansehen des Fußballs, des Stadionprojekts und der Stadt München sei beschädigt worden. Die Ermittlungen richteten sich nicht gegen den TSV 1860 München, betonte der Fußballverein in einer Erklärung.

Zitat

"Was kann ich denn dafür, dass unser Präsident ein Verbrecher sein soll."
(Daniel Ullraum, Fan des TSV 1860 München, am Dienstag auf dem "Löwen"-Trainingsgelände zur Bestechungsaffäre von Karl-Heinz Wildmoser beim Bau der "Allianz Arena")

Neben Wildmoser wurden bei den Hausdurchsuchungen auch dessen Sohn und zwei weitere Beschuldigte festgenommen. Der zuständige Ermittlungsrichter hatte gegen das Quartett bereits vor der Polizeiaktion Haftbefehle erlassen. Diese wurden den Beschuldigten bei der Festnahme eröffnet. Es gehe um Vorwürfe der Untreue, Bestechlichkeit und Steuerhinterziehung, sagte eine LKA-Sprecherin. Nähere Einzelheiten wollten Staatsanwaltschaft und LKA am Nachmittag mitteilen.

Gegen den FC Bayern wird nicht ermittelt

Die Polizei hatte am Dienstagvormittag in München die Räume der Fußballclubs TSV 1860 und FC Bayern durchsucht. Auch die Wohnungen des TSV-Präsidenten und seines Sohnes Karl-Heinz Wildmoser junior wurden durchsucht. Der Sohn ist einer der beiden Geschäftsführer der ebenfalls durchsuchten Allianz Arena München Stadion GmbH, die der FC Bayern und der TSV 1860 als gemeinsame Betreibergesellschaft für das neue Stadion errichtet hatten. Beim TSV 1860 ist der Wildmoser-Sohn Geschäftsführer der Fußballabteilung. Der FC Bayern stehe nicht im Visier der Ermittlungen, dort sei nur nach möglichen Beweismitteln gesucht worden, betonte das LKA.

Ude war informiert

Oberbürgermeister Ude sagte dem Bayerischen Rundfunk, er wisse seit Ende des vergangenen Jahres von den Ermittlungen. Die Korruptionsabteilung bei der Staatsanwaltschaft München I habe sehr sorgfältig recherchiert. Der festgestellte Geldfluss sei nicht anders erklärbar, als dass bei der Ausschreibung Informationen an eine Baufirma über Konkurrenzangebote weitergegeben wurden. Eine Baufirma habe damit gewusst, wie teuer sie sein dürfe und wie billig sie sein müsse, um den Zuschlag zu erhalten. Das Ganze sei ein schwer zu verkraftender Vorgang, erklärte Ude.

Allianz "sehr überrascht"

Das neue Stadion wird von den beiden Münchner Bundesliga-Vereinen finanziert. Der Münchner Versicherungskonzern Allianz hat die Namensrechte erworben. "Wir sind sehr überrascht", sagte ein Allianz- Sprecher. Man hoffe, dass an den Vorwürfen "nichts dran ist". Die Auswirkungen auf das Ansehen der Sportstätte seien noch nicht absehbar. "Geschäftsstelle vorübergehend geschlossen", stand am Dienstag auf einem Schild am Eingang zum TSV 1860. Der Club hob in einer Erklärung jedoch hervor, dass er mit seinen beiden Vizepräsidenten und der sonstigen Struktur weiterhin voll handlungsfähig sei.

Bauverlauf und WM-Planung nicht in Gefahr

Grittner betonte weiter: «Wir sehen den weiteren Bauverlauf nicht gefährdet und setzen bei den Planungen für die WM 2006 weiter auf das Stadion in München.» Die «Allianz Arena» mit den beiden gleich berechtigten Gesellschaftern FC Bayern und TSV 1860 München soll 2005 fertig sein.

Bei der WM 2006 sollen in dem Stadion das Eröffnungsspiel, drei Vorrunden-Spiele sowie je ein Achtel- und Halbfinale angepfiffen werden. Nach Aussagen der Organisatoren wird die Korruptionsaffäre keine Auswirkungen auf die Titelkämpfe in zwei Jahre haben.

Das neue Fußballstadion, dessen Baukosten auf 280 Millionen Euro veranschlagt sind, wird im Norden von München errichtet und soll bis 2005 fertig gestellt sein. Die beiden Münchner Fußballvereine hatten ein neues Stadion gewünscht, weil sie das Münchner Olympiastadion unter anderem wegen der unvollständigen Überdachung nicht mehr für eine zeitgemäße Fußball-Arena hielten. Nach jahrelangem Streit wurde der Standort im Münchner Norden gefunden und bei einem Bürgerentscheid im Oktober 2001 beschlossen.

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