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Bundesliga

Bundesliga im stern-Check "Verarscht" in Brandenburg: Wenn böse Bayern zu Verschwörungstheoretikern werden

Die Bayern nach der Landung in Katar
Angefressen und übernächtigt: Der Bayern-Tross um Kapitän Manuel Neuer (3. v. l.) nach der Landung in Doha
© - / Qatar's Supreme Committee for Delivery and Legacy / AFP
Ein Spieler, der seinen eigenen Torwart foppt. Ein Trainer, der nicht nur gefragt ist, sondern auch gefragt wird, aber trotzdem schweigt. Und ein FC Bayern, der in Berlin-Brandenburg eine ausgesprochen ungemütliche Nacht verbringt. Wie immer hellwach in seiner Rückschau auf den Spieltag: der stern-Check.

So lief der Spieltag

Alle Ergebnisse des 20. Spieltags, die Tabelle und Statistiken zum Nachlesen finden Sie hier im stern-Ticker.

Aufreger des Spieltages

Im tiefsten Pandemie-Winter eine Klub-WM in Katar zu veranstalten und dort die Kontinentalmeister aus aller Welt einfliegen zu lassen, ist schon wieder so typisch weltfremder Fußballzirkus, dass man fast lachen möchte, wenn es nicht so traurig wäre. Da müssen es die Bayern schon mal aushalten, dass der neutrale Beobachter sich sein Schmunzeln schwer verkneifen kann, wenn er hört, wie der Tross des deutschen Rekordmeisters nach dem ungelenken 1:0-Sieg bei der Hertha eine Nacht am Pannenflughafen BER in Brandenburg verbringen musste, weil die Maschine aufgrund einer dreiminütigen (!) Verspätung keine Starterlaubnis für den Flug nach Doha erhalten hatte. Sie mögen vielleicht ein gutes Jahrzehnt länger als geplant für die Fertigstellung ihres Hauptstadtairports gebraucht haben – dafür nehmen sie es heute mit der Pünktlichkeit anscheinend umso penibler.

Fanden die Großkopferten aus der Bayern-Chefetage natürlich gar nicht witzig – und machten ihrem Ärger nach einer ungemütlichen Nacht in der Maschine über ihre bevorzugten Kanäle ordentlich Luft: Man fühle sich von den "zuständigen Stellen bei der brandenburgischen Politik total verarscht", ließ Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge via "Bild"-Zeitung verlauten. Der über mehrere Stunden verzögerte Abflug sei "ein Slapstick, eine lächerliche Nummer, an der sich irgendeiner abgearbeitet hat, der jetzt hoffentlich zuhause sitzt und mal darüber nachdenken sollte." Das könne auch kein Zufall sein, deutete Rummenigge an, dass man bei den Bayern durchaus eine Verschwörung wittert: "Man hatte immer den Eindruck, in Brandenburg ist irgendeiner, der den FC Bayern nicht mag oder irgendein Problem mit dem FC Bayern hat und dementsprechend uns Hürden in den Weg gestellt hat."

Währenddessen schimpfte Uli Hoeneß im Bayerischen Rundfunk über einen "Schildbürgerstreich" und einen "Skandal ohne Ende". Er wies – angesprochen auf die Vorbildrolle des Fußballs in herausfordernden gesellschaftlichen Tagen – auf ein neben der Berufsausübung wiederholt angebrachtes Argument der privilegierten Profi-Branche hin: "In dieser schwierigen Zeit" seien Sportarten wie Fußball, Basketball, Handball oder Eishockey eine "große Abwechslung für die Bürger", meinte Hoeneß. "Das lenkt doch ab und hilft uns allen, doch diese schwere Zeit etwas zu überstehen." Die Termine könne man sich dabei nicht aussuchen, sagte der 69-Jährige über die Fernreise während des Corona-Lockdowns. Spötter könnten an dieser Stelle ergänzen: die Abflugtermine offenbar auch nicht.

Dieses Tor sollten Sie (nochmal) sehen

Da können wir uns an diesem Wochenende nicht für eines entscheiden – und empfehlen stattdessen zwei Tore: ein schönes und ein kurioses. Das schöne fiel in Augsburg, als der Niederländer Wout Weghorst mit seinem sehenswerten Heber über Torwart Gikiewicz den VfL Wolfsburg auf die Siegerstraße brachte und dabei alle Qualitäten eines Torjägers der Extraklasse zur Aufführung brachte. "Wie Wout das Tor macht, ist fantastisch", fand hinterher auch sein Trainer Oliver Glasner, der sich am Ende über einen 2:0-Auswärtssieg seiner "Wölfe" beim FCA freuen durfte. 

Das kurioseste Tor des Spieltags, wenn nicht gar der bisherigen Saison, fiel allerdings in der 2. Liga und zwar am Böllenfalltor in Darmstadt. Aber mehr dazu können sie unter dem "Bild des Tages" nachlesen ...

Gewinner des Spieltages

Die Profis von Bayer Leverkusen waren nach ihrer Pokalniederlage bei Viertligist Rot-Weiß Essen unter der Woche für ein paar Tage die Deppen von Fußballdeutschland. Den Frust über diese Blamage musste deshalb der VfB Stuttgart beim 2:5 unter dem Bayer-Kreuz über sich ergehen lassen. Das habe gut getan, befand Doppeltorschütze Kerem Demirbay hinterher, aber harte Arbeit werde am Ende eben belohnt: "Wir werden dahin kommen, wo wir hinwollen." Klingt wie eine Ansage an die Konkurrenz, der nun allerdings auch konstantere Taten des Teams von Trainer Peter Bosz folgen müssen.

Dortmunder Mats Hummels, Leverkusener Sven Bender und Wolfsburger Torfrau Almuth Schult

Kurios war beim Sieg gegen den VfB, dass sich eine Schlüsselszene aus dem Spiel gegen Essen quasi wiederholte, nur mit umgekehrten Vorzeichen: Am Dienstag war den Leverkusenern ein Strafstoß zu Unrecht verweigert worden, bevor RWE zum Siegtor traf. Gegen Stuttgart gab es trotz Armspiel von Fosu-Mensah (VfB-Sportdirektor Sven Mislintat: "Das ist der klarste, klarste, klarste Handelfmeter!") keinen Strafstoß, stattdessen machte Bailey im Gegenzug das 3:1.

Verlierer des Spieltages

Es war ein gebrauchtes Wochenende für einen der begehrtesten Trainer der Stunde. Schon vor dem brisanten Derby gegen den 1. FC Köln musste sich Mönchengladbachs Trainer Marco Rose mit "Sky"-Wadenbeißer Ecki Heuser herumschlagen, der gewohnt penetrant Nachfragen zu Roses Zukunft stellte. Nach Heusers drittem Anlauf schwieg der 44-Jährige, der heiß bei Borussia Dortmund gehandelt wird, sekundenlang. "Sie schweigen", bemerkte Heuser daraufhin treffend, und Rose fand die Sprache wieder: "Ja, Ecki, können wir jetzt zum Fußball kommen ..." So richtig zum Fußball ist Roses Elf aber auch in den anschließenden 90 Minuten nicht gekommen. Die 1:2-Heimniederlage der Borussia dürfte seine Laune jedenfalls kaum verbessert haben.

Für den FC dagegen gab es am Ende einer chaotischen Woche endlich Grund zur Freude. Nach der peinlichen Pokal-Pleite in Regensburg, dem Zoff um den ein- und flugs wieder abberufenen Mediendirektor Fritz Esser, sowie dem Pyro-Spektakel einiger Fans bei der Abfahrt des Mannschaftsbusses, das FC-Profi Dominick Drexler mit "Solche Spacken!" kommentierte, sprach Coach Markus Gisdol nach dem Spiel auf dem Bökelberg von einem "sehr emotionalen und sehr wertvollen Sieg". Aber emotional geht es beim Eff-Zeh ja grundsätzlich immer zu.

Bild des Spieltages

Johannes Geis liegt hinter der Nürnberger Mauer
© Simon Hofmann/Getty Images

Manche Freistoßvarianten – wie die vom am Boden liegenden Johannes Geis und seinem 1. FC Nürnberg – sehen so seltsam aus, dass man den Protagonisten lieber gleich aus Prinzip davon abraten möchte. Noch erstaunlicher als dieser Anblick war beim Zweitligaspiel in Darmstadt nur, dass dies nicht einmal die kurioseste Szene der Partie blieb: Nach dem 1:1-Ausgleich der Lilien in der 90. Minute per Handelfmeter, kam es in der dritten Minute der Nachspielzeit zu einem weiten Abschlag von Nürnbergs Keeper Mathenia, den Darmstadts Rapp im eigenen Strafraum zu seinem Torwart Schuhen zurückköpfen möchte – und den Ball dabei über seinen aufgerückten Schlussmann hinweg ins eigene Netz köpfte. Ein klassisches "Kacktor", wie man es sonst nur in "Zeiglers wunderbarer Welt des Fußballs" zu sehen bekommt. Für den Nürnberger Trainer Robert Klauß aber am Ende ein Geschenk, das er hinterher laut eigener Aussage kaum glauben konnte, aber: "In den letzten Wochen waren wir oft der Baum, heute waren wir mal der Hund ..."

tim

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