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Bundesliga

Entlassung von Kahn und Salihamidzic Seifenoper statt Meisterfeier: Der FC Bayern gibt ein desaströses Bild ab

Werden keine Freunde mehr: Ex-Bayern-Vorstandschef Oliver Kahn und Herbert Hainer, Präsident des FC Bayern München.
Werden keine Freunde mehr: Ex-Bayern-Vorstandschef Oliver Kahn und Herbert Hainer, Präsident des FC Bayern München.
© Christian Charisius / DPA
Statt den elften Meistertitel in Serie zu feiern, gibt der FC Bayern München ein desaströses Bild ab. Unmittelbar nach dem Schlusspfiff wird die Trennung von Oliver Kahn und Hasan Salihamidzic bekannt – die Feierstimmung ist dahin und passt in diese Saison.

Als um 17.22 Uhr in Köln-Müngersdorf die Gewissheit einkehrte, dass der FC Bayern München erneut Deutscher Meister ist, kannte die Freude bei den Spielern keine Grenzen. Durch die Mainzer Schützenhilfe in Dortmund durften die Bayern erneut die Meisterschale in den frühabendlichen Himmel strecken. Doch die Freude wich schnell der Ernüchterung, die Meisterschaft rückte binnen Minuten komplett in den Hintergrund.

Um 17.44 Uhr liefen die Eilmeldungen über den Nachrichtenticker: Die Bayern trennen sich von Vorstandschef Oliver Kahn und Sportvorstand Hasan Salihamidzic. Zuvor hatten der "Kicker" und die "Bild" bereits von der Trennung berichtet. Der FC Hollywood ist wieder da, doch verkommt die ganze Causa Kahn/Salihamidzic zu einer Seifenoper allererster Güte.

Die Art und Weise, wie sich die Trennung abspielte und kommuniziert wurde, spiegelt eine desaströse Saison bei den Bayern wieder. Sie zeigt aber auch, dass niemand bei den Münchnern wohl wirklich mehr mit dem Titel gerechnet hatte.

Wie ist es anders zu erklären, dass unmittelbar in die Meisterfeier der Mannschaft die Nachricht platzt, dass die Bosse gehen müssen? Wie anders ist es zu erklären, dass im Aufsichtsrat um Herbert Hainer die Entscheidung vor dem letzten Spieltag und nicht wie ursprünglich geplant erst nach der Saison getroffen wurde? Der Aufsichtsrat hätte am Dienstag ohnehin getagt, die Entscheidung zur Entlassung war absehbar.

Tischtuch zwischen Kahn und Bayern München ist zerrissen

Dass Oliver Kahn seine Trennung selbst bei Twitter kommentiert und dazu schreibt, dass es ihm "vom Club untersagt wurde", mit der Mannschaft zu feiern, zeigt das völlig zerrissene Tischtuch im Verein, der ein verheerendes Bild nach außen abgibt. Bei den Bayern wird ein weiteres Fass aufgemacht, dass unnötiger nicht hätte sein können. Kahn fehlte beim Spiel in Köln, der Verein teilte mit, er sei "krank". Gerüchte über die Trennung machten aber schon während der Partie die Runde.

Die Breitseite des ehemalige Torwart-Titans Kahn gegen seinen Ex-Verein auf Twitter passt in die völlig verkorkste und unwürdige Außendarstellung dieser Trennung, die auch nicht unkommentiert bleiben sollte. "Ich habe gehört von Kahn, dass er nicht kommen durfte. Das ist jetzt nicht meine Baustelle, aber es gibt mittlerweile schon ein Bild ab, das ein bisschen bedenklich ist", sagte Ex-Bayern-Spieler Toni Kroos dem Portal "Real total". "Irre. Mir fehlen wirklich die Worte. Art und Weise, Zeitpunkt", zeigte sich Ex-Bayern-Stürmer Sandro Wagner fassungslos. Diese Art und Weise der Trennung sei eine "Niederlage für den ganzen Verein". Auch wenn der Fußball ein schnelllebiges Geschäft ist, zeigen die Reaktionen von Ex-Spielern und Außenstehenden, dass der Ruf der Bayern nachhaltig beschädigt ist.

Die Trennung war nach dem Chaos der vergangenen Monate, die in der fragwürdigen Trainerentlassung und der Kommunikation eben jener Entscheidung gipfelte, absehbar und folgerichtig, der Zeitpunkt jedoch maximal fragwürdig. "Statt zu feiern, haben wir jetzt das nächste politische Thema", erklärte ein nachdenklicher Thomas Tuchel, der von der Trennung einen Tag zuvor erfahren hatte. Dieses Thema trübe die Meisterschaft.

Dass auch die Mannschaft über die Art und Weise der Verkündung wenig glücklich war, demonstrierte Thomas Müller unmittelbar nach dem Schlusspfiff. "Das kommt jetzt, eine Minute nach Abpfiff", fragte ein sichtlich überraschter Müller. Zwar ist es verständlich, dass die Mannschaft nicht informiert wurde vor dem Spiel, doch dass sie es unmittelbar nach dem Schlusspfiff erfahren muss, ist ebenso taktlos.

Bei den Bayern hat der Umbruch begonnen

Beim Rekord-, Serien- und Rekordserienmeister hängt der Haussegen gewaltig schief, es zeigt aber auch, dass der Umbruch im Verein in vollem Gange ist. Trainer Thomas Tuchel wird im Sommer den Kader umbauen müssen – so er denn bleiben darf. Auch hier ist nach dieser Saison nichts ausgeschlossen. Seinem Team fehlt seit dem Abgang von Robert Lewandowski ein Zielspieler im Sturm, der Partien im Alleingang entscheiden kann. Aber auch die Tiefe im Kader wird entscheidend sein, wenn die Bayern einen Angriff auf die europäische Spitze unternehmen wollen.

Darüber sind Führungsspieler im Team rar – und mit Thomas Müller sowie Manuel Neuer werden zwei von ihnen in absehbarer Zeit ihre Karriere beenden. Für Tuchel wird es auch darum gehen, aus einem Kader von Stars wieder eine Einheit formen zu müssen. Nebenkriegsschauplätze wie kurzfristige Reisen zu Modeschauen nach Paris oder eine Keilerei in der Kabine kann keine Mannschaft gebrauchen.

Am Sonntagnachmittag werden die Bayern zu Meisterfeier auf dem Marienplatz im Herzen Münchens erwartet. Trotz des Titels aber ist im Verein die Meisterstimmung komplett verflogen. Es ist der traurige Höhepunkt einer Saison, die trotz des Titels für die Bayern zum Desaster wurde.

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