"In der Kabine ist das wirklich kein großes Thema", sagte Michael Ballack. Der Nationalmannschaftskapitän meinte die Rückkehr von Starcoach Jose Mourinho an die Londoner Stamford Bridge. Mourinho, erfolgreicher und abrupt entlassener Trainer von Ballacks FC Chelsea (2004-2007), kehrt am Dienstagabend mit seinem neuen Club Inter Mailand erstmals an seine alte Wirkungsstätte zurück. Und mit dem 2:1-Hinspielsieg im Rücken kann der selbsterklärte "Special One" seinen früheren Schützlingen den bislang vergeblich geträumten Traum vom Champions-League-Sieg schon frühzeitig zerstören.
Der ebenso charismatische wie großmäulige Portugiese heizte am Montag schon mal die Stimmung an. "Es weiß doch jeder, dass Mourinho an der Stamford Bridge nicht verliert", tönte er in der Boulevardzeitung "Sun" mit Verweis auf seine seinerzeit makellose Heimbilanz. "Mein Rekord ist unschlagbar." Chelsea-Coach Carlo Ancelotti ließen die Ankündigungen kalt. Er wollte sich auf einen verbalen Schlagabtausch im Vorfeld nicht einlassen. "Die Aufregung hat keine Auswirkungen. Das hier ist Chelsea gegen Inter, nicht ich gegen Mourinho", sagte der Italiener abgeklärt.
Mourinho will zurück nach England
Auch Mourinhos Ex-Lieblinge wie Stürmer Didier Drogba und Ballacks Mittelfeldkollege Frank Lampard, die mit dem Portugiesen unter anderem zwei englische Meistertitel gewannen, warnten vor Sentimentalitäten. "Mourinhos Rückkehr ist etwas Besonderes, aber wir müssen alles tun, um uns nicht ablenken zu lassen", sagte Drogba. Lampard bezeichnete ein Ausscheiden "gegen Jose" als "undenkbar", warnte aber: "Wir müssen vorsichtig sein. Inter hat gute Spieler, und Mourinho ist ein sehr schlauer Trainer, der mit einem Plan anreisen wird."
Mourinho genoß bei der Pressekonferenz in London wie immer die Aufmerksamkeit der versammelten Journalisten und kündigte vorsichtshalber eine Rückkehr nach England an: "Ich möchte noch drei Dinge in meiner Karriere erreichen", sagte der Coach, "ich möchte nach England zurückkehren, ich möchte einmal Spanischer Meister werden – denn noch niemand hat jeweils in England, Spanien und Italien den Meistertitel gewonnen – und wenn ich alt bin möchte ich mein Heimatland trainieren."
Inter mit kleiner Formkrise
Sportlich befindet sich Inter derzeit allerdings in einer kleinen Formkrise. Italiens Spitzenreiter leistete sich am Freitag eine seltene 1:3-Niederlage beim Abstiegskandidaten Catania - sehr zum Missfallen des wegen Schiedsrichterbeleidigung von der Bank verbannten Mourinho, der seinen Stars nach Spielende eine heftige Standpauke hielt. Ballack und Co. steuern dagegen nach einer empfindlichen 2:4-Heimschlappe gegen Manchester City vor zwei Wochen durch das 4:1 gegen West Ham United in der Liga wieder auf Titelkurs.
Ballack sah daher trotz Hinspiel-Niederlage den Vorteil bei seinen "Blues". "Wir sind eine erfahrene Elf, aber die meisten Spieler haben die Champions League noch nicht gewonnen. Deshalb sind wir hungrig", sagte der 33-Jährige, "mit Carlo Ancelotti haben wir einen Trainer, der sie zweimal gewonnen hat. Deshalb schauen wir zu ihm auf, deshalb ist er hier."
Ballack spielt mit Chelsea auch für Deutschland
Mourinho und Inter müssen gegen Chelsea nichts weniger als die Ehre des italienischen Fußballs retten. Die Fiorentina schied gegen Bayern aus, der AC Milan musste gegen Manchester United die Segel streichen, nur Inter bleibt noch die Chance aufs Viertelfinale. Michael Ballack könnte daher mit einem Weiterkommen auch der Bundesliga einen großen Gefallen tun. Sollte Inter ausscheiden, hätte Deutschland in der Fünfjahreswertung der Uefa die Chance, gegenüber Italien weiter Boden gut zu machen.
Felix Haas mit DPA