Am Samstag wandte sich der Bundestrainer der deutschen Nationalmannschaft an die Fans. In mehreren deutschen Tageszeitungen war ein Brief des Bundestrainer abgedruckt, in dem Löw an die deutschen Fans appellierte, der Mannschaft die gleiche bedingungslose Unterstützung zu Teil werden zu lassen, wie einst im Sommermärchen vor zwei Jahren.
Das Unternehmen Europameisterschaft, das macht der Brief deutlich, ist natürlich eine Angelegenheit von nationalem Gewicht. Auch wenn Löw sich nach außen immer gelassen gibt, ist klar: Ein Scheitern in der Vorrunde wäre eine Katastrophe, und auch ein Ausscheiden nach dem Viertelfinale würde niemand als kleines Missgeschick abtun - weder Fans, noch Funktionäre, und auch nicht die Medien. Ein zweites Sommermärchen muss her.
Es fehlt der Teamgeist
Und das wird schwer genug. Natürlich präsentiert sich die deutsche Mannschaft selbstbewusst und siegessicher (Torsten Frings: "Wir glauben tatsächlich daran, dass wir Europameister werden können. Sonst wären wir hier fehl am Platz"), aber irgendwie fehlt dennoch dieser Teamgeist, dieser unerschütterliche Zusammenhalt, der das deutsche Team bei der WM im eigenen Land so stark gemacht hat. Noch gibt es keinen teaminternen Aufputsch-Song, es gibt keinen Asamoah, der 2006 für die positive Power sorgte.
Dafür gibt es einen, auf den ganz Deutschland hofft: Michael Ballack. Er ist der verlängerte Arm des Bundestrainers, er ist der, der die Fäden zieht, mit seiner "Hauruck-Mentalität" reißt er alle mit. Ballack befindet sich der Form seins Lebens, im ersten Spiel gegen die Polen soll er Tore machen, aber auch die Erfolgs-Strategie von 2006, die starke Defensive, wiederbeleben. Auf ihn kommt es an, seine Nebenleute sollen ihm folgen, dem "Spielertrainer" der Deutschen.
Wer aber soll es nun gegen die Polen richten? Bis zum Schluss hatte das Trainerteam um die Frage der Startaufstellung ein Staatgeheimnis gemacht. Acht Positionen waren vergeben für jene Startelf, die das neue Sommermärchen in Gang setzen soll. Wackelkandidaten wie Clemens Fritz, Mario Gomez und Bastian Schweinsteiger nahm Löw beim Abschlusstraining noch einmal genau unter die Lupe. Am interessantesten war die Bemerkungen zu Schweinsteiger, dem der Bundestrainer ansteigende Form bescheinigte: "Bastian hat klare Fortschritte gemacht, wenn ich ihn im Vergleich zu Anfang der Woche sehe." Erst kurz vor dem Anpfiff hat Löw die letzten Entscheidungen getroffen.
Die Abwehr mit Jens Lehmann in Tor und der Viererkette Philipp Lahm, Per Mertesacker, Christoph Metzelder und Marcell Jansen ist fix. Im Mittelfeld sind allein Frings und Ballack gesetzt. Auf links Außen wird Lukas Podolski als zusätzliche Offensiv-Kraft auflaufen. Rechts kommt - als defensive Absicherung - Clemens Fritz zum Einsatz. Im Angriff wird neben Klose der Stuttgarter Gomez spielen.
Löw und Beehakker sprachen miteinander
Als sich die Wege beider Teams beim Abschluss-Training im Wörthersee-Stadion kreuzten, wurde zu guter Letzt dann noch ein leidiges Thema aus dem Weg geräumt. Als sich Löw und der polnische Nationaltrainer Leo Beenhakker begegneten, nutzte der polnische Nationalcoach noch einmal die Gelegenheit, sich persönlich für die Geschmacklosigkeiten der polnischen Boulevardpresse zu entschuldigen. "Joachim Löw hatte die Größe zu sagen, dass die Entschuldigung nicht nötig sei, weil diese Dinge nichts mit meiner Mannschaft zu tun haben", sagte der 65 Jahre alte Niederländer, der die polnischen Medien bat, der Hetzkampagne gegen die Auswahl des DFB ein Ende zu setzen: "Ich bitte, dass diese Dinge nicht mehr aufgewärmt werden. Ich weiß um die Bedeutung des Fußballs für die nationale Befindlichkeit. Aber es ist trotzdem nur Sport." Genau - jetzt geht es endlich los.
Die Aufstellungen:
Deutschland:
Lehmann - Lahm, Mertesacker, Metzelder, Jansen - Fritz, Frings, Ballack, Podolski - Klose, Gomez
Polen:
Boruc - Wasilewski, Bak, Jop, Zewlakow - Dudka, Lewandowski - Lobodzinski, Zurawski, Krzynowek- Smolarek
Schiedsrichter:
Övrebö (Norwegen)