EM-Tagebuch, Tag 12 Vignetten-Terror kurz vor Mitternacht

Von Klaus Bellstedt
Deutschland geht am Stock: Löw muss auf die Tribüne, Frings hat eine gebrochene Rippe, und unser EM-Reporter wird von der Autobahnpolizei gestellt. Wahrscheinlich wird er nie wieder nach Österreich reisen. Die Abzocke hat einen Namen: ASFINAG.

Schön artig hatte ich sie mir gekauft: Die Wochen-Vignette, dieses völlig schwachsinnige Autobahn-Maut-Aufkleberchen für die Nutzung der österreichischen Autobahnen. 7 Euro 90 Cent kostet das Teil, das die Österreicher fast schon liebevoll "Pickerl" nennen. Wie niedlich! Warum ich mir die Vignette eigentlich gekauft habe, wusste ich zumindest bis gestern nicht. Kontrolliert hatte mich jedenfalls auf den 2000 Kilometern zwischen Salzburg, Klagenfurt, Innsbruck und Wien niemand. Gibt es überhaupt Kontrollen? Im Zweifel nicht, nahm ich an. Wie dumm von mir.

Die Zweite Woche ging ich also Vignetten-los in die EM, alles natürlich immer auch im Sinne der Firma. Wir alle müssen schließlich sparen. Jetzt, wo ich diese Zeilen schreibe, gefällt mir die Ausrede übrigens immer besser. Falls mal zu Hause bei der Abrechnung doofe Fragen aufkommen sollten, zieh ich die sofort aus dem Ärmel.

Zurück zum Tatort: Autobahn Nummer was weiß ich Richtung Schweiz, kurz vor Mitternacht. Keine Menschenseele. Nur meine viel zu behäbige A-Klasse rollt durch Täler und Höhen. Ich döse vor mich hin. Plötzlich vor einem Tunnel sehe ich Lichter - und Menschen mit Sicherheitswesten.

Ein kleiner untersetzter Mensch mit Mütze und Kelle winkt mich auf einen kleinen Parkplatz vor der Tunneleinfahrt. Ich kurbele das Fenster runter. "Is was?", "Grüß Gott, Vignettenkontrolle." Ich wieder: "Wie meinen?". Er dann: "Vignettenkontrolle, darf ich bitte ihre Vignette sehen?" Ich stelle mich weiter blöd: "Führerschein und Fahrzeugschein kriegen sie sofort". Der Ton wird rauer: "Zeigen sie mir einfach nur die Vignette. Wenn sie die nicht haben sollten, dann können sie noch mal nach Führerschein und Fahrzeugschein schauen." Was tun? Bleib weiter ganz ruhig, denke ich. Ich zeige auf meine seit vier Tagen abgelaufene Vignette, die auf der Innenseite der Windschutzscheibe klebt. Versuch ist es wert.

"Die ist abgelaufen, darf ich bitte Führerschein und Fahrzeugschein sehen?" Oh, der Mann mit der Jacke, auf der hinten in großen Lettern "ASFINAG" steht, scheint doch noch mal ein Auge zuzudrücken. Hektisch krame ich beides hervor und präsentiere fast schon stolz die Papiere. "Danke, und jetzt bekomme ich noch 120 Euro von ihnen." Hat er sich sicherlich versprochen. Die kostet ja nur 7,90 Euro. Er meint bestimmt 12 Euro. Nein, meint er nicht. Auf meine Nachfrage wird der Mensch von der "ASFINAG" lauter: "Wie zahlen sie denn jetzt, bar oder mit Karte?" Gar nicht, du Osterhase.

Genau so hätte ich es ihm am liebsten gesagt. Aber als Deutscher hast du einfach einen schweren Stand bei den Ösis. Das nützt alles nichts. Da musst du bitterlich bluten. Ran an die Privatbörse und so tun, als würde einem das gar nichts ausmachen. In Wirklichkeit schmerzt das Zücken jedes Scheins doppelt und dreifach.

"Danke, hier haben sie ihre neue Wochenvignette, gute Fahrt noch und einen netten Abend." Werd ich haben, du Schluchten..., mit Tütensuppe und Leitungswasser, oder wie?

Noch im Tunnel, weniger 100 Meter nach meiner Weiterfahrt, reift in mir der Entschluss, nach der EM nie wieder Österreich zu betreten. Alles Abzocker hier, und was heißt eigentlich "ASFINAG". Was sind das für Räuber?

Nach meiner Ankunft im Quartier frage ich eine Dame in der Hotelbar genau das. "Die sans für die Instandhaltung der Autobahnen bei uns zuständig. Ach joa, und sie kontrollieren bei di Piefkes (Österreichisches Schimpfwort für Deutsche) für ihr Leben gern die Pickerl. Die Deutschen sans ja ole so blöd und denken sie san klüger wie unsere ASFINAG-Burschen." (Sie lacht hämisch). Ich verabschiede mich grußlos.

Landsleute, höchste Vorsicht ist geboten, wenn Sie kleine untersetzte Männer mit ASFINAG-Jacken sehen. Besser noch: Nach Italien die Ostroute über Polen oder Tschechien oder die Slowakei nehmen. Alles ist besser als Österreich!

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